Freitag, 1. Februar 2019

Sulgen. Ramon Lauener setzt ganz auf die Karte Mountainbike. Die guten Resultate der letzten Saison haben ihn ermutigt, seinen Sport nun als Profi auszuüben. 

Um mehr Zeit für seinen Sport zu haben, arbeitete Ramon Lauener nach Abschluss seiner Ausbildung zum Zimmermann Teilzeit bei einem Lohnunternehmer. Dank seines verständnisvollen Arbeitgebers konnte er Training und Rennen während den letzten zwei Jahren unter einen Hut bringen. In der kommenden Saison startet Lauener international noch in der ­Kategorie U23, national bereits bei der Elite. «Die Anzahl der Rennen hat zugenommen und der Leistungsdruck ist gestiegen. Für mich stellte sich deshalb die Frage, ob ich mich künftig auf meine berufliche oder sportliche Karriere konzentrieren soll», sagt der 21-Jährige. 

Ein Sportkollege riet ihm, das Risiko einzugehen und Profisportler zu werden, denn Spitzensport könne er nur jetzt machen, Erfolge im Beruf seien auch später noch möglich. Das hat den Sulger in seinem Entschluss bestärkt. «Kurz bevor ich anfangs Dezember aufhörte zu arbeiten, hatte ich dann doch kurz etwas Panik», gibt er zu. «Nur noch Velofahren – wird mir das nicht zu langweilig, fragte ich mich.» Laueners Bedenken waren unbegründet, die neu gewonnene Zeit füllte er schnell wieder mit Training und neuen Aufgaben, die auf ihn als Profisportler zukommen. Sollte ihm doch einmal langweilig sein, hat ihm sein letzter Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt, als Aushilfe zu arbeiten. 

Im Frühling will er zudem bei den Kids-Trainings mitwirken. Für ihn würde sich so ein Kreis schliessen, meint er, habe er als Kind doch diese Trainings auch besucht. «Leitete bei uns damals Ralph Näf ein Training, so war das etwas ganz Spezielles. Da haben wir uns besonders Mühe gegeben.» Nebst Nino Schurter, dessen Erfolge den Mountainbikesport in der Schweiz populär gemacht haben, nennt Ramon Lauener den Franzosen Julien Absalon als sein grosses Vorbild. 

Ein «Familienunternehmen»

Ramon Lauener wohnt bei seinen Eltern. Sie haben die sportlichen Ambitionen ihrer Söhne immer gefördert und unterstützen und begleiten Ramon auch heute noch an Rennen. «In Sachen Sport sind wir ein Familienunternehmen», lacht Lauener. Liam, Ramons jüngerer Bruder, macht eine Ausbildung in Basel und ist deshalb nicht mehr an jedem Rennen dabei. «Er ist mit mir in den Bikesport eingestiegen, geht jetzt aber anderen Interessen nach. Wir haben nicht den gleichen sportlichen Ehrgeiz. Wenn ich trainiere, will ich auch Rennen bestreiten, mich mit anderen messen. Ihm ist das weniger wichtig.» Im Haus seiner Eltern hat sich Ramon Lauener eine Werkstatt und einen Fitnessraum eingerichtet. Sein Velo wartet er gerne selber. «In Trainingslagern und bei den Rennvorbereitungen war ich auch schon froh, dass ich die Technik kenne und vieles selber machen kann.» 

Sein eigener Trainer

Der Neoprofi verzichtet derzeit auf einen Trainer und trainiert sich selber. Das sei für einen jungen Fahrer schon ungewöhnlich, bekennt er. Als es mit seiner Karriere vor rund zwei Jahren nicht so richtig vorwärts ging, entschied er sich, erst einmal ohne Trainer auszukommen und sich selbst in das Thema Training einzuarbeiten. Der Wechsel zwischen seinen Rollen als Trainer und Athlet funktioniere ganz gut, sagt er. «Eine Voraussetzung dafür ist, dass man ehrlich zu sich ist und seine Augen vor der Realität nicht verschliesst.» Mit dieser selbstkritischen Einstellung geht der Sportler auch mit Niederlagen um. Denn nicht immer läuft alles so wie gewünscht. Nebst der mentalen und körperlichen Form spielen bei einem Rennen auch das Material, das Wetter und die Beschaffenheit der Strecke eine grosse Rolle. Dem Leichtgewicht kommen Strecken mit steilen Aufstiegen und rasanten Abfahrten zugute. Dort kann er seine Stärken am besten ausfahren. 

Sein Training gestaltet Lauener gerne abwechslungsreich. Dazu gehören auch Joggen, das Hallentraining im Veloclub Bürglen-Märwil und der Muskelaufbau im Kraftraum. Seine Rückenmuskeln stärkt er zuweilen auch beim Holzen im Wald. «Ich bin gerne in der Natur. Im Wald fühle ich mich wohl, kann abschalten und mich erholen.» Das Schöne an seinem Sport sei auch, dass man ganz unterschiedliche Gegenden dieser Welt kennenlerne. Am weitesten zu einem Rennen angereist ist er bisher nach Kanada. Dorthin will er in diesem Jahr ­zurückkehren, da dort die Weltmeisterschaften stattfinden. Dafür muss er mit guten Leistungen erst die Hürde der Selektion durch Swiss Cycling nehmen. Das ist in einem Land mit vielen guten Fahrern wie der Schweiz nicht so einfach. Obwohl Ramon Lauener an der WM 2018 in Lenzerheide unter seinen Erwartungen geblieben ist – nicht zuletzt, weil er gesundheitlich angeschlagen war – zählt er dieses Ereignis zu den Höhepunkten seiner Karriere. «Schon weil man an Meisterschaften mit den Fahrern der eigenen Nation und nicht jenen des Teams unterwegs ist, sind diese Rennen anders als die anderen. In Lenzerheide kam die einmalige Stimmung einer WM im eigenen Land dazu.» 

Keine Angst, aber Respekt

Auch vor Verletzungen sind Mountainbiker nicht gefeit. «Bisher hatte ich Glück», sagt Lauener. «Wenn man sieht, wie wir über manchmal felsigen, unebenen Untergrund fahren oder steile Hänge hinunterrasen, sieht das sicher sehr gefährlich aus. Wir trainieren solche Situationen aber aktiv, unser Sport ist nicht gefährlicher als andere Sportarten. Angst darf man keine haben, aber Respekt – und man muss das eigene Können richtig einschätzen.» 

Hannelore Bruderer