Freitag, 3. März 2023
Sulgen. Die Gemeinde Sulgen hat drei Bilder vom Kunstmaler Willi Oertig erworben. Am Dienstag fand im Gemeindehaus die Übergabe statt.
Willi Oertig ist für seine stimmungsvollen Ölgemälde bekannt, aber auch dafür, dass er seine Werke überzeugend vermarktet. «Was machen wir, wenn er nun anruft und uns ein Bild verkaufen will?», warf ein Gemeinderat an der Sitzung in die Runde, nachdem die Behörde den Künstler in seinem Atelier in Kradolf besucht hatte. Das war im Jahr 2014. «Der Anruf kam nicht», lacht Gemeindepräsident Andreas Opprecht. Doch der Gedanke, Kunst mit einem Bezug zu Sulgen zu erwerben, blieb und wurde anfangs Jahr durch den Mitarbeiter Marc Hediger wieder aufgefrischt. Bei seiner Arbeit im Werkhof Kradolf trifft er oft auf den Kunstmaler.
Eine eloquenter Redner
Am Dienstagabend empfing der gesamte Gemeinderat das Ehepaar Willi und Edith Oertig zur Übergabe der drei Bilder, welche die Gemeinde nun erworben hat. Die Liegenschaftskommission wird über den künftigen Standort der Werke entscheiden. Der Aufforderung, etwas zu seinen Bildern zu sagen, kam Willi Oertig gerne nach. «Ich habe die Gabe erhalten, gut zu malen und viel zu reden», warnte er vor. So erläuterte er nicht nur die Entstehungsgeschichte der drei Bilder, sondern wob in seinen Redefluss viele unterhaltsame Episoden aus seinem langen Künstlerschaffen ein. «Ich habe 1100 Bilder gemalt und nur etwa drei davon weggeworfen. Meine Verkaufsrate liegt bei 93 Prozent», sagte der derzeit wohl bekannteste Kunstmaler im Thurgau nicht ohne Stolz. Zur Bildübergabe brachte er auch Papierrollen mit, auf denen die 365 Bilder mit Motiven aus dem Thurgau handschriftlich aufgelistet sind. Ebenso – ganz Geschäftsmann – verwickelte er den Gemeinderat schnell in Gespräche über seine Kunstkarten, die doch ein tolles Geschenk wären. Erlebt man Willi Oertig als amüsanten Unterhalter, glaubt man kaum, mit welcher Disziplin und Konzentration er seiner Arbeit nachgeht. «Man muss ein Herz für seine Arbeit haben», sagt er. Beim Malen verlässt sich der Kunstmaler auf seinen Instinkt und hört dazu mitunter laute Rockmusik. «Aufmerksamkeit ist das Wichtigste, wenn man Bilder im realen Stil malt», sagt er. So sieht er Poesie im Alltag, wo andere achtlos vorbeigehen.
Hannelore Bruderer
Kieswerk, Brücke in Bleiken und nächtliche Auwiesenstrasse
Die drei von der Gemeinde Sulgen erworbenen Bilder sind Zeugen einer bereits vergangenen Zeit. Oertig, der sein Atelier auch einmal für kurze Zeit in Sulgen hatte, malte 1992 die Kiesgrube im Bädli. In diesem Bereich, der damals noch brach lag, ist in den letzten Jahren das Sulger Industriegebiet entstanden. 1995 malte der Künstler die Brücke über die Bahnlinie in Bleiken. Drei Jahre später entstand das Bild mit dem Abzweiger Auwiesenstrasse bei der Maurerlehrhalle. Die nächtliche Szene wird vom blauen Parkplatzschild dominiert. (pd)