Freitag, 20. August 202
Happerswil. Carmen Herzog bemalt mit grosser Leidenschaft Steine. Ihre Werke behält sie nicht selber, sondern versteckt sie in der Natur und hofft, dass sich die Finder daran erfreuen.
In Carmen Herzogs Büro herrscht Chaos – und zwar ein äusserst kreatives Chaos. Auf ihrem Schreibtisch reihen sich Töpfchen mit verschiedensten Farben aneinander. Daneben liegen Pinsel und andere Werkzeuge, die auf ihren Einsatz warten. Auf einem anderen Tisch wiederum liegen Steine in unterschiedlichsten Grössen, Formen und Farbgebungen. All diese Dinge benötigt die 54-jährige Happerswilerin für ihr Hobby. Mit grosser Leidenschaft verwandelt sie die Steine in aussergewöhnliche Kunstwerke und legt sie in der Natur aus in der Hoffnung, den Findern eine Freude zu machen.
Vom rock-Virus befallen
Die Idee dafür stammt aber nicht von ihr. «Eine Arbeitskollegin zeigte mir einmal einen bemalten Stein, den sie gefunden hatte, und besuchte die auf der Rückseite vermerkte Facebookgruppe CH rocks-Original», erklärt Carmen Herzog. Was sie sah, gefiel ihr auf Anhieb, dennoch geriet die Seite wieder in Vergessenheit. Als sie aber einige Zeit später bei einer Rast an einer Grillstelle selber den ersten Stein gefunden hatte, erfasste sie das «rocks-Virus». «Ich habe gleich einen Stein mit nach Hause genommen und ihn in eine Schildkröte verwandelt», sagt Carmen Herzog. Seither hat sie rund 300 Steine bemalt, die von der Grösse eines Fünfräpplers bis zum stattlichen Brocken von rund sieben Kilogramm reichen. So kann es sein, dass sie für das Bemalen eines einzigen Steines bis zu drei Stunden aufwendet. «Im Steinebemalen liegt ein richtiger Suchtfaktor. Ich male jeden Tag ein wenig», gibt Carmen Herzog unumwunden zu. An Bewegung mangelt es Carmen Herzog dennoch nicht. Auf den Spaziergängen mit ihrer Hündin Neve umrundet sie Weiher oder streift durch Parks und Wälder und sucht geeignete Plätze, um ihre Steine zu verstecken. Gleichzeitig hält sie Ausschau nach Steinen von anderen Künstlern.
Viele Anhänger
Das «Rocken», wie sich das Bemalen und Verstecken von Steinen nennt, erfreut sich mittlerweile auch in der Region grosser Beliebtheit. Auf der Seite der Facebookgruppe erscheinen fast im Minutentakt Bilder von Steinen, die gefunden wurden. Darunter vermerken die Finder den Fundort und den Hinweis auf den Künstler, der auf dem Stein vermerkt ist, und verraten, ob sie den Stein behalten oder an anderer Stelle wieder verstecken werden. Zu Beginn hat Carmen Herzog gegenständliche Bilder gemalt. Mittlerweile hat sie sich auf kunstvolle Mandalas spezialisiert, die hauptsächlich aus einzelnen Punkten bestehen. Diese Steine scheinen den Geschmack der anderen «Rocker» zu treffen. Unter ihren Steinen häufen sich Kommentare wie «Den gebe ich nie mehr her» oder «Endlich habe ich einen Stein von Carmen gefunden». Ihr Hobby, das Carmen Herzog seit rund einem Jahr betreibt, mag sie nicht mehr missen. «Es eignet sich nach einem anstrengenden Tag zum Herunterfahren, zumal ich nebenbei Musik der Bee Gees hören kann», sagt sie. Das Chaos, das in ihrem Büro herrscht, nimmt sie dafür gerne in Kauf.
CH rocks-Original
Die Facebookgruppe «CH rocks-Original» wurde von Evelyn und Stefan Truttmann, einem Ehepaar aus dem Kanton Zürich, gegründet. Mittlerweile zählt die Gruppe rund 80 000 Mitglieder und wird neben den Administratoren von fünf Moderatorinnen betreut. Die Idee vom «Rocken» (englisch für Steine bemalen und verstecken) haben sie aus einem Urlaub in Florida mitgebracht.
Monika Wick