Freitag, 3. Oktober 2025

Hohentannen. Seit seiner Kindheit zieht es Kurt Frieden in die Höhe. Der Hohentanner fand seine Leidenschaft im Ballonfahren – und lebt sie bis heute mit Hingabe. Der fünffache Weltmeister bleibt trotz Erfolgen bescheiden und beschreibt sich selbst als Geniesser und Liebhaber der Freiheit über den Wolken.

Wer Kurt Frieden in Hohentannen trifft, merkt schnell: Hier lebt kein abgehobener Superstar, sondern ein bodenständiger Mann, der trotz grosser Erfolge nahbar geblieben ist. Er arbeitet als Master Data Manager, liebt seine Familie – und verbringt jede freie Minute mit seiner grössten Leidenschaft: dem Ballonfahren.

Kindheit zwischen Ballonen

Die Faszination begann früh. «Ich war von Kind auf begeistert von Ballonen», erinnert er sich. In den 1970er-Jahren starteten in Bronschhofen regelmässig Gasballone, später kamen die ersten Heissluftballone dazu. «Immer wenn ein Ballon in der Luft war, mussten wir als Familie per Auto oder wir Kinder per Fahrrad hinterher.» Sein Lehrer wusste schon bald: Wenn am Himmel ein Ballon auftauchte, war Kurt nicht mehr im Klassenzimmer zu halten. Mit seinem Vater bastelte er kleine Heissluftballone aus Seidenpapier, die immer grösser wurden und teilweise bis zum Bodensee flogen. Mit 16 Jahren durfte er dann erstmals in einen echten Ballonkorb steigen. «Da war für mich klar: Das will ich auch einmal können, einen Ballon pilotieren.»

Ein Leben für die Freiheit

Heute beschreibt sich der 56-Jährige so: «Ich habe Freude an Menschen, die geniessen können. Ich selbst bin ein Geniesser der Freiheit in luftiger Höhe und habe gerne ein Ziel vor Augen.» Diese Haltung zieht sich durch sein Leben. Ob in Beruf, Familie oder beim Sport – Frieden braucht Orientierung, aber auch Raum zum Atmen. Das Ballonfahren, sagt er, habe sein Leben geprägt. «Es gibt nichts Schöneres, als die Natur von oben zu geniessen.» Besonders glücklich schätzt er sich, dass seine Frau die Leidenschaft mit ihm teilt. Gemeinsam reisen sie um die Welt, steigen auf in ferne Himmel und teilen Momente, die anderen verborgen bleiben.

Leidenschaft statt Rekordjagd

Natürlich ist Frieden stolz auf seine fünf Weltmeistertitel, die er zusammen mit seinem zweiten Piloten Pascal Witprächtiger im traditionsreichen «Coupe Aéronautique Gordon Bennett» erreichte. Doch das eigentliche Erfolgsgeheimnis liegt für ihn nicht im Gewinnen, sondern in der Art, wie er Ballonfahren versteht: als Mischung aus Technik, Intuition und Nervenstärke. «Ich bin immer wieder fasziniert, wenn es gelingt, den grundsätzlich vom Wind getriebenen Ballon zu meinem vorgesehenen Ziel zu steuern.» Dass er damit zu den Besten der Welt zählt, nimmt er fast beiläufig hin. Viel wichtiger scheint ihm die Erfahrung selbst: Nächte in eisiger Höhe, getragen von Windströmungen, die Entscheidung, Ballast abzuwerfen oder Sauerstoff zu nehmen, das Vertrauen ins Team. «Es ist meine Leidenschaft, mein Lebenselixier.»

Geerdet trotz Höhenflügen

Trotz internationalem Ruhm ist Frieden bescheiden geblieben. Er weiss, dass jeder Start ein Neubeginn ist. «Der Druck, wieder zu siegen, kommt eher von aussen. Für uns selbst ist es keine Selbstverständlichkeit. Bei jedem Rennen sind die Zeiger zurückgestellt.» Auf die Frage, wie er sich nach fünf Weltmeistertiteln fühlt, antwortet er pragmatisch: «Es muss einfach alles passen. Viele Teams haben starke Headquarters – das Niveau ist sehr hoch.» Dieser nüchterne Blick zeigt, dass für ihn nicht die Medaille im Vordergrund steht, sondern die Erfahrung, das Team, die Herausforderung. Und doch blitzt hin und wieder Stolz durch, wenn er von besonderen Momenten erzählt – wie damals in der dritten Nacht des letzten Rennens, als der Ballon immer mehr nach Osten driftete. Meteorologe Daniel Gerstgrasser erkannte, dass die Richtung nicht optimal war und weckte das ganze Team zu Hause. Zusammen mit den Strategen Roman Hugi und Gian Marco Nacht wurde entschieden, auf 6000 Meter aufzusteigen und dafür kostbaren Ballast zu opfern. «Das war der Schlüssel zum Erfolg und ein eindrückliches Zeichen unserer Teamarbeit.»

Blick nach vorn

Für Frieden ist klar: Ballonfahren bleibt Teil seines Lebens. Auch in Zukunft will er aufsteigen, Neues erleben, Grenzen ausloten. «Wir werden die nächsten Jahre sicher noch dabeibleiben», sagt er. Ein Höhepunkt zeichnet sich bereits ab: 2027 soll das Gordon-Bennett-Rennen in der Schweiz stattfinden.

Doch auch wenn die Welt auf seine Erfolge blickt – Kurt Frieden bleibt derselbe, der als Kind den Ballonen nachgerannt ist. Ein Mann, der nie den Zauber verloren hat, den ein Blick in den Himmel schenken kann.

Benjamin Schmid