Freitag, 21. Februar 2017

Sulgen. Der Fröhlichkeit in Brigitta Ramspergers Bildern kann man sich nicht entziehen. Ohne festen Plan, dafür mit viel Gespür malt sie eine bunte Welt, in die es sich lohnt einzutauchen.

Mal selbstbewusst und stark, mal als sanfte Engel; mal in farbenfrohen, luftigen Kleidern, mal verführerisch nackt – die weiblichen Wesen auf Brigitta Ramspergers Bildern eint eines: sie haben die Rundungen an den richtigen Stellen, und das nicht zu knapp. Auch die Malerin hat mollige Formen. «Ich war immer schon so», lacht sie und bekennt: «In meinen Frauenbildern steckt ein Stück von mir. Ich kann sie gar nicht anders malen.» Ihr Bild der Frau gefällt nicht allen, aber sehr vielen. Das stellte sie einmal mehr fest, als sie ihre Bilder am Kunstnachtflohmarkt in Frauenfeld präsentierte. «Da sehr viele Aussteller mit abstrakten Bildern da waren, bin ich mit meinen Frauenbildern aufgefallen. Sie haben sich gleich so gut verkauft, dass ich zuhause für Nachschub anrufen musste.»

Punkte, Streifen, Blumen
Beim Malen am Schreibtisch in ihrem Haus in Uerenbohl, das die 63-Jährige mit ihrem Lebenspartner bewohnt, verwendet die Künstlerin verschiedene Malstifte, Farben und Materialien. «Wenn ich mit Malen beginne, habe ich keinen Plan. Die Ideen kommen mir dann einfach und entwickeln sich», sagt sie. In ihrem Flur hängen einige ihrer meist kleinformatigen Werke. Kleine Bilder mag sie, wie sie sagt, weil sie einfacher zu transportieren sind. Im Moment sind es Frauen, die sie am meisten faszinieren. Brigitta Ramsperger lässt sie in Gruppen oder einzeln auftreten, stattet sie mit passenden Accessoires aus, verziert mit ihnen auch Kärtchen und Schächtelchen. Auf der gegenüberliegenden Seite hängt eine Serie Bilder mit Hühnermotiven. Auch sie sind bunt, gut genährt, tragen ihr Gefieder gepunktet, gestreift oder mit Blumenmotiven. Bald möchte Brigitta Ramsperger noch einige plastische Hühner in diesem Stil herstellen. Etwas weiter vorne hängt ein grösseres Aquarell mit realistisch dargestellten Blumen in sanften Tönen. Es steht in so grossem Gegensatz zu den farbigen Frauen- und Hühnerbildern, dass es fast etwas deplatziert wirkt. «Doch, doch, das habe auch ich gemalt», versichert Brigitta Ramsperger. Einfach in einer anderen Phase ihres Schaffens, als sie noch Blumen und Landschaften als Sujets bevorzugte. Einen Hang zu etwas schrägeren Darstellungen habe sie aber schon damals gehabt, lacht sie. In Uerenbohl wohnt Brigitta Ramsperger seit zwei Jahren. Vorher lebte sie einige Zeit im Aargau. «Aufgewachsen bin ich in Tobel. Das Heimweh nach dem Thurgau und meinen Kindern und Enkelkindern, die in der Ostschweiz leben, haben mich wieder zurückgeführt», sagt sie.

Kreativ schon als Kind
Obwohl Brigitta Ramsperger schon als Kind gern gemalt hat und sich als Jugendliche einen Berufseintritt im künstlicherischen Bereich vorstellen konnte, lernte sie erst einmal Maschinenzeichnerin. Das sei auch Zeichnen, hätten ihre Eltern gemeint, schmunzelt sie. Kurz darauf wurde Brigitta Ramsperger Familenfrau und liess sich später zur Psychiatrieschwester ausbilden. In dieser Funktion betreute sie Drogensüchtige und arbeitete für eine Notschlafstelle. «Ich habe immer funktioniert, bis es vor rund zehn Jahren zu einem Zusammenbruch kam», blickt sie zurück. «Um mich zu befreien, habe ich dann mit dem Malen begonnen. Seither male ich jeden Morgen.» Aber auch andere künstlerische Formen pflegt die begabte Uerenbohlerin. So digitalisiert sie technische Grafiken, die sie mit der Nähmaschine in ihrem Arbeitsraum in gestickte Textilien umwandelt. Hin und wieder ist Brigitta Ramsperger auf Kunsthandwerkmärkten und in Ausstellungen anzutreffen. Vom Erlös ihrer verkauften Gegenstände finanziert sie das Material, damit sie weitermalen kann. Mehr Freude als an Ausstellungen hat sie jedoch, wenn interessierte Personen sie zu Hause besuchen und dort ihre Werke anschauen. Obwohl das nach viel Häuslichkeit tönt, so ist Brigitta Ramsperger keine stille Schafferin, die nur ihren Arbeitsplatz kennt. «Ich brauche Gesellschaft und gute Gespräche», sagt sie. Noch zieht es sie dafür öfters an die Stammtische im Hinterthurgau, da ihr in der Region Sulgen noch die Kontakte fehlen. Um dies zu ändern, ist sie daran, in der Remise ihres Hauses eine gemütliche Begegnungsecke einzurichten. Dort können dann ­ihre Bilder bestaunt und weitere lokale Erzeugnisse wie Eingemachtes oder Handtücher erworben werden.

Hannelore Bruderer