Freitag, 15. März 2019
Erlen. Die Wartezeit an der Bahnschranke zu umgehen, funktioniert in Erlen nicht mehr. Die Fabrikstrasse bleibt für eine Versuchsphase von rund einem Jahr einseitig gesperrt.
Die Barriere ist geschlossen. Auf der Lenzenhausstrasse steht ein Lastwagen korrekt hinter der weissen Haltelinie, auf der Kümmertshauserstrasse wartet ein Personenwagen auf das Öffnen der Schranke. Ein dritter Autofahrer fährt rechts an ihm vorbei. Er versucht in die Fabrikstrasse zu gelangen und bleibt mitten auf der Fahrbahn stehen, als er sieht, dass diese gesperrt ist. Er setzt zurück und reiht sich gerade noch rechtzeitig hinter dem Lastwagen ein, bevor nachfolgende Fahrzeuge aufschliessen.
Schmale Strasse
Seit anfangs Monat ist die Fabrikstrasse, die nördlich des Bahnhofs Erlen an den Gebäuden der Firma Lista vorbeiführt, von Osten nach Westen für den motorisierten Verkehr gesperrt. Die Zufahrt von Westen her zu den Parkplätzen der Lista bleibt offen. Obwohl die Gemeinde an ihrer Versammlung, in Inseraten und auf ihrer Homepage auf die Versuchsphase mit einer geänderten Verkehrsführung aufmerksam machte, ist die Neuerung noch nicht bei allen angekommen. Vor der Sperrung versuchten viele von Norden kommende Autofahrer, bei geschlossener Schranke auf die Fabrikstrasse auszuweichen, um ohne Wartezeit zur Hauptstrasse zu gelangen. «Die Fabrikstrasse ist so eng, dass zwei Autos nicht kreuzen können, ohne auf das Trottoir zu fahren», sagt Gemeindepräsident Roman Brülisauer. Kommt dazu, dass die Abgänge vom Bahnperron direkt in die Strasse münden. Um die gefährliche Situation in diesem Bereich zu vermindern, führt die Gemeinde Erlen diesen einjährigen Versuch mit der einseitigen Sperrung durch.
Gefährliches Verhalten
Mit dieser Massnahme will der Gemeinderat auch die Grundlage für eine Personen- und Velounterführung schaffen. Denn der Weg über den offenen Bahnübergang ist derzeit die einzige Möglichkeit für Fussgänger, Züge zu erreichen, die vom gegenüberliegenden Perron abfahren. Bei geschlossener Barriere wurde schon beobachtet, dass Personen, die ihren Zug nicht verpassen wollten, die Gleise überquerten. Ein solches Verhalten sei schlichtweg lebensgefährlich, meint der Gemeidepräsident. Die zu knappen Platzverhältnisse auf der nördlichen Seite des Bahnhofs hatten bisher verhindert, dass eine Personenunterführung realisert werde konnte. Durch die neue Ausgangslage haben sich die SBB, deren Vertreter am Montag das Gemeindehaus besuchten, bereit erklärt, eine Studie für den Bau einer Personen- und Velounterführung in Auftrag zu geben. «Mit der Einführung des Halbstundentaktes halten mehr Züge am Bahnhof Erlen, was wir sehr begrüssen. Die Strecke ist aber auch stark frequentiert mit Schnell- und Güterzügen, die durchfahren. Die Sicherheit am Bahnhof ist deshalb nicht nur dem Gemeinderat ein grosses Anliegen, sondern auch den SBB», sagt Brülisauer. Mit der Erarbeitung eines Verkehrskonzepts für das Gebiet um den Bahnhof wird auch geprüft, ob neue Fussgängerstreifen gesetzt werden müssen. Ein zweiter Effekt, den der Gemeinderat mit der einseitigen temporären Sperrung an der Fabrikstrasse erreichen will, ist die Reduktion der unerwünschten Verkehrsverlagerung in die Wohngebiete im Ortsteil Ennetaach. Die neue Verkehrsführung soll aber auch im Bereich des Bahnübergangs für mehr Sicherheit sorgen. Dort halten sich die Verkehrsteilnehmer nicht immer an die klar ausgeschilderten Vortrittsregeln.
Projekt nicht realisiert
Abhilfe für die Wartezeit an der Schranke könnte nur eine Unterführung für den motorisierten Verkehr bringen. Eine solche sei an dieser Stelle vor gut 30 Jahren in die Verkehrsplanung aufgenommen worden, erklärt der Gemeindepräsident. «Damals standen noch weniger Bauten dort, eine Unterführung wäre da wohl noch zu realisieren gewesen. Ich vermute, dass es an den hohen Kosten gescheitert ist, da der Kanton dazumal eine Mitfinanzierung wegen des zu geringen Verkehrsaufkommens abgelehnt hatte.»
Hannelore Bruderer