Freitag, 5. August 2022
Sulgen. Mit dem Umbau des Seniorenzentrums ist auch der Dorfplatz aufgewertet worden. Dorthin zog
es die Sulgerinnen und Sulger am Nationalfeiertag.
Die Senioren-Turner unter der Leitung von Guido Metzler leisteten ganze Arbeit. Sie stellten nicht nur das Festzelt auf dem Dorfplatz auf, sondern waren auch während der ganzen Bundesfeier im Einsatz: Sie verkauften Verpflegungsbons, händigten Getränke aus und schöpften das Essen, das vom Küchenteam des Seniorenzentrums zubereitet worden war. Kein Wunder, hob Gemeinderätin Maja Brühlmann Zwahlen den Einsatz der Helfenden lobend hervor.
Im Ausland zuhause
Die Gemeinderätin stellte auch den Gastredner vor, der in diesem Jahr turnusgemäss von der Partei «die Mitte» eingeladen worden war. Christian Wirth ist in Schönenberg an der Thur aufgewachsen. Nach Aufenthalten in Japan und Australien lebt er mit seiner Familie in Hamburg, wo der Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt Asien nun arbeitet. Bereits mit seinem ersten Satz hatte der Redner das Publikum in der Tasche. Er sagte: «Als ich das letzte Mal in Sulgen einen Vortrag hielt, war das bei Frau Nabholz in der Sekundarschule.» Dann stellte er die Zeile «Mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen» aus einem Gedicht des Hamburger Schriftstellers Gorch Fock ins Zentrum seiner Ausführungen. Mit Viren, Krieg und Flüchtlingen komme die Welt näher zum Vertrauten in der Heimat und das verunsichere, sagte er. Die langjährige Gewissheit, wie die Gesellschaft in der Schweiz funktioniere, werde durch die Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit hinterfragt. «Die Komplexität der Welt zu verstehen, ist nicht einfacher geworden. Paradoxerweise macht es Social Media mit seiner Nachrichtenüberflutung, Irrelevantem, Halbwahrheiten und Lügen noch schwieriger», so der Politikwissenschaftler. Es müsse immer mehr Energie aufgewendet werden, um Meldungen einzuordnen oder Inhalte von destruktiven Interessensgruppen zu entlarven. Sich zu informieren sei jedoch wichtig, um abzuwägen, wie man in bestimmten Situation handeln soll.
Demokratie wertschätzen
«Allen Unkenrufen zum Trotz funktioniert die Demokratie in der Schweiz», hielt Wirth fest. In anderen Ländern, die keine direkte Demokratie kennen, sei das Interesse an der Politik gering, und so mache die Politik, was sie wolle, und verliere den Kompass in der Bevölkerung. Als Beispiel nannte er den Brexit. «Interessiert sich die Bevölkerung dann wieder für die Politik, ist es meist schon zu spät.» Er forderte die Anwesenden auf, der Heimat Sorge zu tragen und in Quartieren und auf kommunaler Ebene den Diskurs zu pflegen. Stimme das Fundament, so wirke sich dies auch auf Kantons- und Bundesebene aus. Ihre Heimatverbundenheit zeigten die Festbesucher im Anschluss. Begleitet von der Musikgesellschaft Sulgen liessen sie die Nationalhymne und das Thurgauerlied aus vollen Kehlen erschallen.
Hannelore Bruderer