Freitag, 13. Juni 2025
Erlen. Die Schule Erlen hat ihren Präsidenten, die Politische Gemeinde ihre Vizepräsidentin verabschiedet – und das waren nicht die einzigen grossen «Goodbyes» eines langen Abends. Die Sachgeschäfte rückten demgegenüber in den Hintergrund.
Die Verabschiedung zu Ehren des nach 36 Jahren abtretenden Erler Schulpräsidenten wird lange in Erinnerung bleiben und das nicht nur, weil Heinz Leuenberger die Sitzung zum ersten Mal in seiner Laufbahn überzog. «Ich bin selten sprachlos, aber jetzt fehlen mir die Worte», sagte er am Ende ergriffen. Mit Standing Ovations entliess ihn ein voller Saal.
Film «Meilensteine»
Denkwürdige Momente gab es zuhauf. So zeigte der Kurzfilm «Meilensteine» Stationen von Leuenbergers Amtszeit, untermalt mit dramatischer Musik. Beeindruckende Drohnenaufnahmen dokumentierten die bauliche Entwicklung der Schule. Weitere Errungenschaften wie der Elternrat, die familienergänzende Betreuung, das Leitbild und vieles mehr wurden aufgezählt. Im Film war der TV-Auftritt Leuenbergers vor 14 Jahren in der Sendung «Happy Day» zu sehen, in der Erler Schüler zu Wort kamen und dem Präsidenten mit der Fahne der Schule Erlen ein unerwartetes Geschenk machten. Ein Höhepunkt der Verabschiedung war sicherlich, als die Fahne erneut in Szene gesetzt wurde, dieses Mal allerdings von sechs seiner Enkelinnen und Enkeln.
«Frog de Heinz»
Einen weiteren Höhepunkt stellte der Chor aus Lehrpersonen, Schulleitern, Mitgliedern der Behörde und Verwaltungsangestellten dar, die dem Abgänger mit «Frog de Heinz» ein rührendes Ständchen brachten. Jedenfalls sah man den Geehrten bewegt vor der Leinwand stehen und den darauf angezeigten Text mitlesen. «Keiner kennt die Schule so wie du», hatte Angela Indermaur den Hintergrund des Lieds einleitend erklärt. «Immer, wenn wir nicht weiter wussten, schlug jemand vor, dich zu fragen.» Während sie seinen unermüdlichen Einsatz und sein offenes Ohr lobte, waren die Sängerinnen und Sänger leise nach vorne gekommen. Dann leitete sie den Chor.
Er hat Spuren hinterlassen
Mit Daniela Opprecht drückte ein weiteres Behördenmitglied ihre Wertschätzung gegenüber dem langjährigen Präsidenten aus. «Du verdienst unseren tiefsten Respekt und aufrichtige Dankbarkeit.» Neben der unglaublichen Entwicklung der Schule Erlen habe er die Bildungslandschaft im Kanton Thurgau geprägt. All die Facetten seines Wirkens aufzuzählen, sei gar nicht möglich. Sie schloss mit den Worten: «Verantwortung zu übernehmen, bedeutet den Mut zu haben, Spuren zu hinterlassen. Und das hast du wirklich.» Michael Siebrecht lobte Leuenbergers Ruhe, Weitsicht und seinen Humor. Auch Gattin Heidi Leuenberger wurden Blumen überreicht.
Heinz Leuenberger hatte die Versammlung mit einer halbstündigen Rede begonnen. Statt des üblichen Jahresberichts legte der Schulpräsident seine Idee einer «humanen Schule» dar, angefangen mit einigen persönlichen Informationen aus seiner schwierigen Kindheit, in der es oft an Geld fehlte, was ihn jedoch dazu brachte, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. In seiner Theorie wandte sich Leuenberger gegen eine Rationalisierung des Schulalltags. Schule solle sich Zeit nehmen, Lern- und Lebensräume sollten anregend und bunt sein, Orte, an denen Kinder das Lernen lernen. Unterricht müsse fachübergreifend und auch mal ausserhalb des Klassenzimmers stattfinden und zudem Frei- und Spielräume zulassen. Im Zentrum der Schule solle immer das Kind als individuelle Persönlichkeit stehen. Zudem solle die Schule das Gemeinschaftsleben pflegen mit Lehrpersonen, die für die Kinder zum Beispiel werden. Eine Bildungsstätte eben, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, fasste er diese persönliche Vorstellung zusammen.
Emotionale Momente
Nach seiner Rede dankte Heinz Leuenberger seiner Frau, seinen Kindern und wichtigen Wegbegleitern. Dabei stockte dem Schulpräsidenten die Stimme – einer der emotionalsten Momente dieses Abends. Zu seinen letzten Amtshandlungen gehörten vier weitere Verabschiedungen, welche er mit ausführlichen Worten gebührend würdigte. Primarlehrerin Jolanda Massolin Bräm wurde nach 42 Dienstjahren und Kindergärtnerin Anita Schmid nach 28 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet. Daniela Opprecht und Angela Indermaur waren vier bzw. fünf Jahre lang in der Schulbehörde tätig.
Gegenüber diesen grossen Momenten traten die Jahresrechnungen 2024 der Schule und der Alfred-Lienhard-Gedenkstiftung in den Hintergrund. Beide Traktanden wurden speditiv abgehandelt und einstimmig angenommen.
Politische Gemeinde
Rasch erledigt wurden auch die Geschäfte der Politischen Gemeinde im Anschluss, darunter die Jahresrechnungen, zwei Einbürgerungen sowie die Wahl von Tobias Kohler in die Rechnungsprüfungskommission und die Verabschiedung seiner Vorgängerin, Marlen Weidmann. Von Gemeindepräsident Thomas Bosshard war zudem zu erfahren, dass Erlen auf Ende 2024 insgesamt 3944 Einwohner hatte, was einer Zunahme von 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. 29 Prozent der Bevölkerung haben keinen Schweizer Pass. «Möglicherweise können wir dieses Jahr die 4000. Person begrüssen», spekulierte Bosshard. Passen würde es, schliesslich feiert Erlen am 22. und 23. August das 30-Jahre-Gemeindejubiläum. Informationen gab es des Weiteren zum Gemeindehaus. Bald werde der Gemeinderat den Gewinner des Planungswettbewerbs bekannt geben. Bosshard rechne damit, den Baukredit im Mai 2026 zu traktandieren.
Etwas mehr Raum nahm das Thema Elektrizität ein. Der «Run» auf Photovoltaikanlagen ist auch in Erlen gross und stellt eine Herausforderung für die Gemeinde dar. Am 19. Juni wird eine Informationsveranstaltung über die Zukunft der Elektrizität stattfinden. «Da kommt einiges auf uns zu», sagte der Gemeindepräsident.
Im Zentrum dieser Versammlung standen aber ebenfalls Verabschiedungen: Vizepräsidentin Nicole Fischer wurde nach 14 Jahren im Gemeinderat verabschiedet und Bauverwalter Jörg Bürgisser geht nach 23 Dienstjahren in den Ruhestand. Beide wurden von Bosshard humorvoll und mit viel Anerkennung gewürdigt und verdankt. Mit Bürgisser, der über 3000 Baugesuche in seiner Erler Laufbahn behandelt hat, gehe eine Schlüsselfigur der Verwaltung in Pension; Fischer, zu deren letzten Projekten das erfolgreiche Ärztezentrum AachThurLand gehörte, gehe eine starke Säule im Gemeinderat verloren. Die Verabschiedeten richteten den Dank zurück, und die Vizepräsidentin sorgte für einen weiteren emotionalen Moment, als sie mit brüchiger Stimme sagte: «Es waren intensive, aber erfüllende Jahre. Jetzt freue ich mich auf das, was kommt.» Schlussendlich wurde auch Schulpräsident Heinz Leuenberger von der Politischen Gemeinde verabschiedet. «Ganz besonders werde ich unsere Gespräche unter vier Augen vermissen», bekannte Gemeindepräsident Bosshard. «Danke vielmals, Leubi!»