Freitag, 4. Juli 2025
Bürglen. Eine spannende Führung gab es für die Mitglieder des Gewerbevereins Bürglen vergangene Woche. Pascal und Simon Egger führten ihre interessierten Gäste durch das grosse Kühl- und Lagerhaus an der Industriestrasse – während der Betrieb regulär weiterlief.
Es ist kurz vor 15 Uhr, als die Mitglieder des Bürgler Gewerbevereins sich vor dem riesigen Gebäude begrüssen. Ein LKW fährt heran, Arbeiter gehen hinaus in die Pause, auf dem Hof stapeln sich turmhoch tausende Paloxen, hölzerne Kisten, in denen Gemüse und Obst transportiert oder gelagert wird. Die Brüder Simon und Pascal Egger haben eine Präsentation, Snacks und Getränke vorbereitet, um ihr Publikum auf die Führung vorzubereiten. In einem Gemeinschaftsraum zeigen sie Meilensteine der Firmengeschichte.
Aufstieg des Familienbetriebs
Angefangen hat alles mit dem überschaubaren Verenahof in Wertbühl im Jahre 1934. «Mein Urgrossvater war der erste Pächter», berichtete Pascal Egger. «Er baute Obst an und hielt Milchkühe, was sein Vater fortführte.» 1989 gründete der heutige Firmenchef Sepp Egger die Gemüsebau-Firma und eröffnete den Hofladen. Dass die Zukunft Gemüse sein sollte: Daran habe der Gründer zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht. «Sein Ziel war wirklich, die Grosseltern durchzubringen», meinte Pascal Egger mit einem Schmunzeln. Doch über die Jahre zeigte sich, wie rentabel der neue Zweig ist. 2001 wurden die Kühe verkauft und der Stall in eine Kühlhalle umgebaut. 2007 entstand eine brandneue Kommissionierhalle. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Zusammenarbeit mit einem grossen Detailhändler, der in der ganzen Schweiz Discounter betreibt.Diese Zusammenarbeit besteht heute noch, so Pascal Egger. Sein Vater hatte zudem begonnen, Obst und Gemüse von anderen Produzenten weiterzuverkaufen. Das Unternehmen baute die Lieferungen für die Gastro massiv aus und betreibt seit 2014 einen festen Stand in der Markthalle Zürich. 2017 wurde die Kühl- und Lagerhalle Thurtal (KLHT) in Bürglen gebaut, was die Logistik, welche immer über die Zentrale in Wertbühl lief, stark vereinfachte. 2021 konnte Egger Gemüsebau neue Produktionsstätten im Rheintal hinzugewinnen.
Schon die Betriebsdaten, welche die Präsentation abschlossen, brachten anwesende Gewerbler ins Staunen. Wer hätte gedacht, dass Egger Gemüsebau im Sommer bis zu 130, im Winter bis zu 80 Mitarbeitende beschäftigt? Allein für den Salat bewirtschaftet das Unternehmen und seine Produzenten 60 Hektaren, verteilt auf mehrere Anbaugebiete im Thurgau. 400 Tonnen Kartoffeln baut Egger Gemüsebau jedes Jahr an – und das ist nur ein kleiner Teil vom kompletten Knollenumsatz. Der Fuhrpark ist gross und umfasst neben zig anderen Fahrzeugen allein 25 Traktoren. «Ja, wir haben auch eine eigene Tankstelle», beantwortete Pascal Egger eine Frage, als ein Traktor vor den Eingang rollte und auffüllen musste. Bestellen kann man rund um die Uhr und sicher sein, dass die Ware am kommenden Tag ausgeliefert wird.
Beeindruckendes System
Spätestens beim darauffolgenden Rundgang aber blieben den interessierten Gästen ob der Dimensionen die Münder offen stehen. Die Kühlhallen, von denen es mehrere mit verschiedenen Temperaturen für verschiedene Gemüse gibt, wirkten gigantisch. Arbeiterinnen und Arbeiter waren an grossen Maschinen mit Rüsten und Verpacken beschäftigt. Alles sah extrem durchdacht aus; jeder Handgriff sass. Auch wenn Pascal Egger relativierte und erzählte, dass der Aufbau der Maschinen nach und nach geschah und am Anfang viel improvisiert wurde: Der Anblick war beeindruckend. Auf der Führung konnten die Gewerbler viele Fragen stellen und bekamen Einblicke ins Geschäft einer richtiggehenden «Gemüsefabrik». Kartoffeln und Zwiebeln wurden eingenetzt, Eisbergsalat verpackt und bei zu geringer Grösse automatisch aussortiert oder Blumenkohl und Brokkoli eingeschweisst. Unter anderem wurde der Sauger demonstriert, der die Rüstabfälle auf dem Boden beseitigt und draussen im Hof in einen Anhänger spuckt. «Die Abfälle gehen in Biogas- und Kompostanlagen oder werden verfüttert», sagte der Gastgeber.
Zurück im Gemeinschaftsraum wurde klar, dass der Ausbau der Firma noch nicht abgeschlossen ist. Zeichnungen an der Wand verrieten: Momentan tüfteln die Eggers an einem besseren System, um den Sellerie zu rüsten. Die Gewerbler jedenfalls unterhielten sich angeregt über das Erlebte, bevor sie den gelungenen Anlass in der Barfuss Brauerei nur einige Meter weiter abschlossen.
Stefan Böker