Freitag, 19. September 2025
Kümmertshausen. Auf dem Biohof Toppler in Kümmertshausen verbindet eine Generationengemeinschaft Tradition mit Innovation. Vater Erwin und Sohn Thierry Toppler führen den Hof gemeinsam und setzen auf Vielfalt in Tierhaltung sowie Ackerbau.
Jürgen stolziert zufrieden zwischen seinen gackernden Damen und kräht laut zur Begrüssung. Auf dem Biohof Toppler in Kümmertshausen tragen alle Tiere einen Namen, nur die Lege- und Junghennen nicht. «Unser Hahn heisst Jürgen», sagt Erwin Toppler und lacht. Er und sein Sohn Thierry führen seit fünf Jahren erfolgreich eine Generationengemeinschaft.
Erwin Toppler begann seine berufliche Laufbahn als Konstruktionsschlosser, war später Werkstattleiter und bildete sich gleichzeitig zum Landwirt weiter. So verbindet er technisches Fachwissen mit handwerklicher Praxis. Seine Frau Fabienne bereichert den Hof als Kosmetikerin und Masseurin. Sie leitet die Wellnessfarm «In Harmony» auf dem Betrieb. Sohn Thierry ist ebenfalls Landwirt. «Wir ergänzen uns gut. Thierry ist der geborene Landwirt mit einem besonderen Auge für die Tiere. Auch ich bin mit Leib und Seele Landwirt. Mein Schwerpunkt liegt allerdings eher im Handwerklichen», sagt der Vater. Kürzlich hat Thierry geheiratet. Seine Frau Martina ist Fachfrau Betreuung und hat eine Weiterbildung zur Sozialpädagogin abgeschlossen. Erwin und Fabienne Topplers Tochter Joelle verbindet zwei Welten: Als Geflügelfachfrau arbeitet sie auswärts. Sie ist aber auch als Berufsmasseurin in der Wellnessfarm zu Hause tätig. Tierhaltung, Mostobstbau und Ackerbau bilden das Hauptstandbein, wobei sich die Familie zunehmend auf die Direktvermarktung spezialisiert hat.
In der alten Stickerei
Derzeit bauen Topplers ihr Wohnhaus vollständig um. Was möglich ist, erledigen Vater und Sohn in Eigenregie. Zwischen den Wänden entdeckten sie Zeitungen aus dem Jahr 1877. «Das Haus muss also mindestens so alt sein», vermuten sie. Aus Erzählungen wissen sie, dass sich einst in diesem Gebäude eine Stickerei befand. Erwin Toppler selbst ist nicht auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen. Sein Vater war Schlosser. «Bereits als Kind wäre ich aber gerne Bauer geworden. Ich verbrachte jede freie Minute bei meiner Grossmutter. Gleich nebenan gab es einen Bauernhof. Dort half ich so oft wie möglich mit», erzählt Erwin Toppler. Seine Frau ergänzt schmunzelnd: «Er isch scho denn äs richtigs Buurebüebli gsi.» Letztlich habe er dann als Schlosser geschnuppert und sich auch für diesen Beruf entschieden. Bereut habe er es nie, sagt der 54-jährige Landwirt.
«Meine Schwiegereltern hatten rund 30 Milchkühe, Mostobst-Hochstammbäume und Tafelobst», erzählt er und ergänzt, dass sie den Betrieb aus Altersgründen verkleinert hätten, auch weil die Hofnachfolge damals noch nicht geregelt war. Erwin und Fabienne Toppler-Neuhauser haben den Hof 2012 von Fabiennes Eltern, Walter und Sylvia Neuhauser, übernommen – auf den sie bereits 2003 gezogen waren.
Bio seit 2007
Neuhausers hatten ihren konventionellen Betrieb schon 2007 auf Bio umgestellt, da die Nachfrage nach Bioprodukten zu dieser Zeit deutlich zunahm. Während Erwin Toppler in den folgenden Jahren als Werkstattleiter tätig war, unterstützte er nebenbei seine Schwiegereltern bei der Arbeit und dem Bauernhof. Fabienne Toppler baute ihre Wellnessfarm auf. «Ich war zwei Jahre lang in Saas-Fee und Zermatt tätig und habe unter anderem eine Wellnessanlage geleitet. Meine Eltern boten damals Ferien auf dem Bauernhof und Schlafen im Stroh an. Daraus entstand die Idee für eine Wellnessfarm.»
Seit der Übernahme hat sich der Biobetrieb deutlich vergrössert. Die landwirtschaftliche Nutzfläche wuchs von acht auf 35 Hektaren, der Waldanteil von vier auf fünf Hektaren. Gehalten werden 2000 Legehennen, 4000 Junghennen, 70 Mutterschafe der Rasse Schwarzbraunes Bergschaf, 20 Mutterkühe (überwiegend Simmentaler) und deren Aufzucht sowie zwei Mutterschweine mit ihren Ferkeln. Zudem gibt es 500 Mostobst-Hochstammbäume und 30 Aren Tafelobstbäume mit Äpfeln und Zwetschgen, die für die Direktvermarktung genutzt werden. Auf den Ackerflächen wachsen derzeit Mais, Brotweizen, Soja und Karotten. Erwin Toppler ist zudem leidenschaftlicher Hobby-Imker und hält Bienen. Als klar wurde, dass der heute 24-jährige Thierry Toppler in den Betrieb einsteigen wollte, erfolgten weitere Vergrösserungen sowie Um- und Neubauten. Im Jahr 2017 entstand ein Legehennenstall, 2020 erfolgte die Gründung einer Generationengemeinschaft und ein Jahr später wurde in einen Aufzuchtstall für Junghennen investiert.
2018 begann die Familie dann mit der Direktvermarktung von Eiern und Honig in kleinem Rahmen. Täglich werden rund 1900 Eier an die Eierhandelsfirma Eico in Märstetten geliefert.
Im Rhythmus der Tiere
Sohn Thierry erzählt, dass er schon immer eine grosse Leidenschaft für Tiere hatte und dadurch früh gelernt habe, Verantwortung zu übernehmen. «Mit zwölf habe ich mir von meinem Sackgeld meine ersten Schafe gekauft», erinnert er sich. Er schätze die Vielfältigkeit auf dem Betrieb. Kein Tag verlaufe gleich, denn der Alltag richte sich nach dem Rhythmus der Tiere. Nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung arbeitete er eine Zeitlang in Neuseeland auf einem Betrieb mit 2000 Milchkühen. Der dortige Farmer erklärte ihm, Landwirtschaft sei in Neuseeland wie Spitzensport, man konzentriere sich nur auf eine Disziplin. Ganz anders sei es hier zu Hause. Die breite Ausrichtung biete nicht nur Abwechslung im Alltag, sondern auch Sicherheit. «Wenn etwas nicht läuft, sind wir breiter abgestützt.»
Nachhaltigkeit wichtig
Für die Familie hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert. «Wir haben zum Beispiel eine Blumenwiese angelegt. Dort tummeln sich nicht nur unzählige Bienen und Schmetterlinge, sondern auch Rehe lassen sich blicken», erzählt Erwin Toppler. Ein grosses Risiko stelle der Klimawandel dar. «Bei extremen Regenfällen kann der Brotweizen flach liegen und durch Pilzbefall unbrauchbar werden.» Man müsse sich ständig an die Gegebenheiten anpassen und auch bereit sein, Neues auszuprobieren.
Selbst im Bioland gelten für Gemüse und Obst hohe Standards. «Dass wetterbedingte Qualitätseinbussen dabei vorkommen können, ist vielen jedoch zu wenig bewusst.» Neben dem Klimawandel stellen auch Tierkrankheiten grosse Herausforderungen dar, beispielsweise die Blauzungenkrankheit bei den Schafen. «Auch bei uns sind zwischen zehn und 15 Tiere verendet», bedauert Fabienne Toppler. «Ein Schaf habe ich während zwei Wochen mit Apfel- und Birnenmus gefüttert. Es hat überlebt.» Die Winter seien meist zu mild, weshalb die Mücken, welche die Blauzungenkrankheit übertragen, überleben können.
Harmonisches Team
Wie kann eine Generationengemeinschaft überhaupt gut funktionieren? «Jeder kennt alle Abläufe auf dem Betrieb und kann auch mal die Ferienvertretung übernehmen», sagt Erwin Toppler. Konflikte brauche es. Sie seien wichtig, damit man nicht nur in eine Richtung laufe. «Wir sind nicht nachtragend. Jeder braucht den anderen. Wir möchten unseren Betrieb weiterführen wie bisher – marktfähig, wirtschaftlich und zukunftsorientiert», sind sich Vater und Sohn einig. Eine so gute Zusammenarbeit wie ihre sei nicht selbstverständlich, betont der Junior. Sein Vater ergänzt mit einem Lächeln: «Wenn die Welt untergeht, pflanzen wir einen Baum.»
Yvonne Aldrovandi-Schläpfer