Freitag, 24. Oktober 2025
Götighofen. Die Linde hat eine neue Gastgeberin – und ein neues Kleid. Der bekannte Metzger und Gastronom Walter Blatter hat das ehrwürdige Haus im Sommer gekauft und erneuert.
Die Stimmung ist gut in der Linde Götighofen. Walter Blatter plaudert mit einem Kollegen am Stammtisch, Wirtin Jashimin Cometto wirbelt hinter der Theke herum und auf dem Tisch stehen gekochte Eier mit Aromat. «Wir wollen die Linde wieder zu einem Treffpunkt machen», sagt der bekannte Gastronom und Metzger aus Mettlen, der auch schon in Sulgen gewohnt hat. Er kennt die Region und er kennt die Szene – und wie das dynamische Duo dazu kam, das Wirtshaus zu übernehmen, ist eine bewegende Geschichte.
Tragische Geschichte
«Wir kennen uns seit rund vier Jahren», sagt Blatter. «Was sie erlebte, hat mich berührt.» In der Tat musste die Italienerin mit peruanischen Wurzeln einige Schicksalsschläge verarbeiten. Der Mann ihrer Mutter, die in der Schweiz lebte, sei in der Coronazeit verstorben, berichtet sie in gebrochenem Deutsch und Englisch. Zunächst sei die Schwester nachgezügelt, um der Mutter beizustehen. Doch die Schwester sei ebenso verstorben. «Ich habe zu der Zeit in Frankreich gelebt», erzählt Cometto. «Als Köchin und Konditorin habe ich praktisch immer gearbeitet, kam viel herum und habe kaum Freizeit gehabt.» Auch in der Schweiz, so ihre Annahme, sollte sie sich beruflich verwirklichen können. So sei sie gekommen, um der Mutter zu helfen. Leider machte ihr die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung. Schon von Geburt an leidet sie an einer Handfehlbildung. Mit dem Alter wurden die Beschwerden schlimmer, die Schmerzen grösser. Sie habe etliche Spezialisten konsultiert, erzählt Cometto, und eine Operation in St. Gallen gehabt. «Leider konnte ich meine rechte Hand danach nicht mehr bewegen.»
Aufgrund der Behinderung fand sie in der Gastronomie keinen Platz mehr. Doch eine IV-Rente erhielt sie nicht. Vom Amt wird sie als arbeitsfähig eingestuft. So sei ein Bürojob durchaus möglich, schliesslich spreche sie auch Spanisch und Französisch. «Doch das will ich nicht», stellt sie klar. «Die Gastro ist meine Leidenschaft.»
Dass eine erfahrene Frau mit so viel positiver Ausstrahlung keine Anstellung findet, habe er nicht begreifen können, sagt Blatter. «Ich wollte ihr eine Chance geben, sich selbstständig zu machen.» Der Metzger war auf der Suche nach einer Wirtin, denn er hatte die Liegenschaft in Götighofen vor etwa fünf Monaten gekauft. Sein Unternehmen in Mettlen werde vom Sohn weitergeführt; er selbst will im AachThurLand etwas Neues auf die Beine stellen. «Ich habe mich sofort in das Haus verliebt», erinnert er sich. «Es hat so viel Potenzial.» Und die aufgestellte Art von Cometto und ihr herzlicher Umgang mit den Gästen sei die beste Ergänzung. Jetzt wirtet sie auf eigene Rechnung, aber er besitzt das Wirtepatent, steht ihr mit Rat und Tat zur Seite, packt zudem mit an und hilft in der Küche.
Gründliche Renovation
Nach einer gründlichen Renovation im Gastraum, Arbeiten an der Umgebung und einer Neugestaltung der Terrasse mit neuem Raucherpavillon hat die Linde schon über einen Monat geöffnet – und Blatters Fazit ist durchaus positiv. «Wir haben bereits Stammgäste und die Antrinkete war ein voller Erfolg. Wir haben 100 Portionen Ghackets mit Hörnli vorbereitet; alle gingen weg.»
Dieser frische Wind sorgt im Dorf sicherlich für Freude. Die Linde wurde seit 2011 von Ursula Rutishauser geführt, deren gutbürgerliche Küche geschätzt wurde. Doch in der letzten Zeit sei es nicht mehr so gut gelaufen, sagen Nachbarn. Damit die Linde wieder zu einem beliebten Lokal wird, hat Blatter ein neues Konzept erarbeitet. «Wir wollen kein Speiserestaurant mehr sein», kündigt der Gastronom an. Stattdessen wolle man die Beizen-Kultur wiederbeleben. «Dazu gehört für mich ein Stammtisch», sagte er. «Ein Treffpunkt, wo auch Fremde willkommen geheissen werden und sich dazusetzen dürfen.»
Auf der Karte stehen haupsächlich Imbissgerichte wie verschiedene Würste, Schnitzel, Steaks, Pouletflügeli oder Zanderknusperli, dazu Pommes oder Salate. Auch über die Gasse werden Leckereien aus der Metzgerei Blatter verkauft: Am Eingang steht ein Verkaufsautomat. Die übersichtliche Karte soll gelegentlich um Spezialitäten und Empfehlungen ergänzt werden. Ob sich Walter Blatters Erwartungen erfüllen, muss sich zeigen: Die Linde hat Montag bis Freitag ab 16 Uhr geöffnet.
Metzgete
In der Linde werden immer wieder Spezialitäten für die Gäste angeboten. Heute und morgen, 24. und 25. Oktober, findet ab 16 Uhr die beliebte Metzgete statt. Reservierungen unter 076 741 35 24. Jeden Montag gibt es frische Blutwurst.
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Stefan Böker
