Donnerstag, 31. Juli 2025
Schönenberg. Das Wasserkraftwerk Au-Schönenberg läuft seit über 20 Jahren im Dauerbetrieb, Tag um Tag, 24 Stunden, rund um die Uhr. Im Frühjahr gab es erstmals eine Verschnaufpause für die grosse Hauptturbine im Rahmen einer Komplettrevison.
Im Maschinenraum des Kleinwasserkraftwerks Au-Schönenberg ist es laut. So laut, dass für Besucher Ohrenstöpsel bereitliegen. Hier drehen nonstop zwei Turbinen und produzieren jährlich Strom für etwa 1200 Haushalte. Es ist ein richtiger Kraftakt, den die Anlage leistet. Die Thur, welche die Laufräder der Turbinen in Rotation versetzt, führt unter anderem Kieselsteine und Sand mit. Deswegen nutzen sich bestimmte Teile, beispielsweise die Schaufeln an den Turbinenwellen, relativ stark ab. «Alle 20 bis 30 Jahre ist darum eine Grossrevision erforderlich», erklärt Heinz Wildberger, bevor der Rundgang weiter nach oben aufs Dach des Gebäudes führt. Im Hintergrund rauscht der Fluss nach den Regenfällen der letzten Zeit besonders wuchtig über das Wehr. «An Tagen wie heute fliessen hier 250 Kubikmeter Wasser in der Sekunde vorbei», führt der Betriebsleiter der Axpo weiter aus. «Vor einigen Tagen waren es nur 10 Kubikmeter.»
Wasserstrom seit 2002
Die Axpo hat das Kraftwerk 2015 gekauft. In Betrieb ist es seit 2002. Die Antriebskraft des Flusses wird indes schon seit über 150 Jahren genutzt. Am anderen Ufer, wo Schieber den Zufluss in den Kanal steuern, musste früher ein Arbeiter sitzen und die Wasserzufuhr händisch steuern. Heute erledigt das ein ausgeklügeltes elektrisches Leitsystem. Krachend taucht der Arm der Rechenreinigungsmaschine in die Tiefe und schiebt Treibgut auf ein Laufband, damit der Durchfluss zu den Turbinen frei bleibt. Auch die Erneuerung der Leittechnik, sozusagen das «Hirn» des Kraftwerks, sei Teil der Grossrevision gewesen, so Wildberger weiter.
Bei den Arbeiten konnte die Axpo auf das Know-how der esolva AG aus Weinfelden zählen, welche das Kraftwerk Au-Schönenberg und weitere entlang der Thur im Auftrag ihrer Besitzer betreibt. Im Zentrum stand die vollständige Zerlegung der Turbine. Die Fachmänner ersetzten Dichtungen und Büchsen ebenso wie das grosse Wälzlager mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern. Die Turbinenwelle bekam neue Schaufeln und ein neues Laufrad. Natürlich gehörte auch die Reinigung aller Bauteile und ein gründlicher Korrosionsschutz zum Arbeitsumfang. Überholt wurde zudem die Hydraulik samt Überprüfung von Ventilen und Pumpen. Probleme können bei so einem grossen Projekt naturgemäss auftauchen. So fehlten teilweise technische Dokumentationen. Einige Schraubenverbindungen liessen sich nicht wie geplant lösen. Das eingespielte Team der esolva habe diese Herausforderungen jedoch mit technischem Fingerspitzengefühl und viel Praxiserfahrung perfekt gemeistert, lobt Wildberger. «Dabei stand die Anlage nur kurze Zeit während der Erneuerung der Leittechnik still», sagt er. Zwar musste die esolva den Generator ausbauen. Die geforderte Restwassermenge von 2000 Litern pro Sekunde konnte während der Umbauzeit entweder über die noch in Betrieb stehende Turbine oder über das Wehr abgegeben werden.
Produktion gesteigert
Insgesamt handelte es sich um mehr als eine technische Wartung. «Mit der Investition haben wir die Lebensdauer der Anlage verlängert und konnten gleichzeitig die Effizienz steigern», verdeutlicht Wildberger. Auch wenn genaue Messungen noch ausstehen, rechnen die Verantwortlichen mit einer Steigerung von bis zu zwei Prozent der Produktion. Das scheint auf den ersten Blick bescheiden. In der Praxis bedeutet es eine deutlich höhere Stromproduktion bei gleichbleibender Wassermenge – ein klarer Gewinn für die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks.
Der Rundgang endet beim Borstenfischpass für den Fischaufstieg. Das Konzept für die Fischwanderung an dieser Stelle der Thur wurde dem Kanton zur Genehmigung eingereicht. Es wird künftig hier also wieder gebaut werden: diesmal für die Gewässerökologie. «Wasserkraftwerke gehören zu den nachhaltigsten Stromerzeugern und greifen vergleichsweise wenig in die Umwelt ein», schliesst der Axpo-Betriebsleiter. «Darum hat sich dieser Effort schon jetzt gelohnt.»
Stefan Böker