Freitag, 29. Dezember 2023

Sulgen. Die Evangelische Kirch­gemeinde, die Freie Evangelische Gemeinde sowie die katholische Pfarrei St. Peter und Paul schenken rund 60 Asylbewerbern zu Weihnachten eine kurze Zeit der Freude.

Sie entfliehen wirtschaftlicher Not und bewaffneter Konflikte in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Familien in ihren Heimatländern. Dafür nehmen sie einen langen, meist gefährlichen Weg auf sich, für den sie sich nicht selten für viel Geld in die Abhängigkeit krimineller Banden begeben. Nachdem sie in den Bundesasylzentren ihr Gesuch auf Asyl eingereicht haben, wohnen die rund 60 Männer nun vorübergehend in der ALST in Sulgen und warten auf den Bescheid, wie es in ihren Fällen weitergeht. 

Feierlichkeit mit Tradition

Seit in der ALST Asylsuchende untergebracht sind, richten die lokalen Religionsgemeinschaften für die Ankömmlinge vor Weihnachten, dem Fest der Nächstenliebe, eine kleine Feier mit einem gemeinsamen Essen und Musik aus. In diesem Jahr stellte schon die Begrüssung die Organisatoren vor eine grosse Herausforderung. Denn noch nie kamen an diesen Feiern Menschen aus 14 verschiedenen Ländern zusammen: von Eritrea, Kamerun, Nigeria und Kongo über Russland, Pakistan und Iran bis zu Syrien, Afghanistan und Sri Lanka. Eine Sprache, die alle verstanden, war die Musik, gespielt von Wolfgang Feucht mit Klavier und Handorgel sowie von Urs Bösiger mit dem Hackbrett. Die Begrüssungsworte, die Pfarrer Frank Sachweh auf englisch an die Anwesenden richtete, wurden von Betreuerinnen und Personen aus dem Kreis der Asylsuchenden im Anschluss auf persisch, türkisch, französisch und arabisch übersetzt. 

Liebe überwindet Hass

«Ihr seid weit weg von eurer Heimat und euren Familien. Lasst uns heute eine grosse Familie sein, in der sich alle ­helfen und füreinander Verantwortung übernehmen», sagte Pfarrer Sachweh. Nach einer weiteren musikalischen Einlage wurde das Essen serviert, bei dem alle herzhaft zulangten. Es folgte ein völkerverbindender Film mit dem Titel «Be a Light in this World». Es gäbe keine grössere Kraft in dieser Welt als die Liebe, dies wolle dieser Film ausdrücken, verkündete Frank Sachweh danach. «Liebe hat die Macht, den Hass zu überwinden. Sie bewirkt, dass wir mitfühlend und freundlich miteinander umgehen. Weihnachten öffnet die Türe, um uns besser zu machen.» Der Aufforderung, selber etwas zu singen, zu spielen oder vorzutragen, kamen die Anwesenden nur zögerlich nach. Einige wagten es dann doch und jene im Publikum, die die Sprache und Lieder kannten, sangen freudig mit. Zum Abschied erhielten alle ein Geschenk mit nützlichen Produkten für den Alltag. Auch im Wissen, dass viele dieser hoffnungsvollen Männer einen negativen Asylentscheid erhalten werden, gab ihnen Pfarrer Sachweh mit auf den Weg: «Bleibt zuversichtlich.» 

Hannelore Bruderer