Freitag, 29. Mai 2019

Bürglen. Erich Baumann hat in den acht Jahren als Gemeindepräsident von Bürglen Hochs und Tiefs erlebt. Am Mittwoch übergibt er sein Amt an Kilian Germann. 

Während Ihrer letzten Amtsperiode mussten Sie aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten. Wie geht es Ihnen?

Erich Baumann: Mir geht es gut. Auslöser meiner Gesundheitsprobleme war ein Schlaganfall, von dem nichts zurückgeblieben ist, aus­ser vielleicht, dass mein Gedächtnis nicht mehr ganz so gut ist wie früher. Der Entscheid, danach mein Pensum zu reduzieren, war richtig. Der Gemeinde ist dadurch kein Nachteil entstanden. Vize-Gemeindepräsidentin Jasmine Schönholzer übernahm einen Teilbereich meiner Arbeit und führte diesen gut. 

Was waren die Höhepunkte während ­Ihrer Zeit als Gemeindepräsident von Bürglen?

Baumann: Als Einzelereignis kommt mir spontan das Gassenfest in den Sinn. Über all die Jahre betrachtet sind es sicher die Finanzen, mit denen wir umsichtig umgegangen sind, so dass wir ­unsere Verschuldung abbauen konnten. Trotz Verschiebungen haben wir auch das Generelle Wasserversorgungsprojekt mit einem guten Resultat auf den Weg gebraucht. Zufrieden war ich auch immer mit dem Verlauf der Gemeindeversammlungen. Zu den Höhepunkten zählen sicher auch die guten Erfahrungen betreffend Kollegialität im Gemeinderat, der Verwaltung sowie mit den Präsidenten der umliegenden Gemeinden.

Noch unerledigt ist die Neugestaltung des Werkhofs. Das Projekt des Gemeinderats wurde vom Stimmvolk abgelehnt. Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie da etwas anders machen? 

Baumann: Grundsätzlich nein. Wir hatten den Auftrag, ein Sanierungsprojekt auszuarbeiten, das in meinen Augen gut gelungen war, aber aus Kostengründen abgelehnt wurde. Jetzt arbeiten wir an einem Neubauprojekt – das ist eine ganz andere Ausgangslage. Wenn ich etwas ändern könnte, dann höchstens, dass man den Entscheid, ob Sanierung oder Neubau, von Anfang an vertieft hätte prüfen müssen. 

Gibt es noch andere Projekte, die Sie gerne zu Ende geführt hätten? 

Baumann: Die Ortsplanung und die Anpassung des Baureglements hätte ich gerne aktiver angegangen. Dies war wegen des zeitlichen Ablaufs jedoch nicht möglich, da wir bewusst den kantonalen Richtplan abgewartet hatten. Diese reiz- und verantwortungsvolle Aufgabe liegt nun beim neuen Gemeinderat. 

Als Sie für das Gemeindepräsidium kandidiert haben, hatten Sie bestimmt gewisse Erwartungen an das Amt. Was davon hat sich erfüllt und was nicht? 

Baumann: Erfüllt hat sich sicher, dass das Gemeindepräsidium eine interessante und vielseitige Tätigkeit ist, bei der man nicht auf sich alleine gestellt ist, sondern im Gremium arbeitet. Ein wichtiger Teil ist das Führen der Verwaltung. Mein Vertrauen in deren Leistungsfähigkeit wurde mehrheitlich deutlich bestätigt. Vor meinem Amtsantritt sah ich Bürglen als ruhigen, friedfertigen Ort, deshalb hat mich etwas überrascht, dass es hier doch einige Nachbarsstreitigkeiten gibt. Auch hatte ich nicht damit gerechnet, dass die Einwohnerschaft vielfach die persönlichen Vorteile vor jene des Gemeinswohls stellt. Bei Kritik konnte ich jedoch immer gut zwischen dem Amt und meiner Person unterscheiden. 

Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg? 

Baumann: Wichtig ist, offen zu sein für alle Anliegen und zusammen mit dem Gemeinderat die eigene Haltung immer wieder zu hinterfragen und neu zu beurteilen. Die Verwaltung braucht eine Führung, die ihr gewisse Freiheiten lässt, denn das sind unsere Fachspezialisten. Und natürlich darf man sich von seinem Amt nicht auffressen lassen. Man muss nicht immer verfügbar sein. Das ist eine Erwartungshaltung, die man höchstens an sich selber hat. 

Sie sind in der gleichen Partei wie Ihr Vorgänger Armin Eugster, deshalb wurden Sie auch oft als dessen Ziehsohn bezeichnet. Wie sehen Sie das? 

Baumann: Diese Konstellation hat es so nie gegeben und wir beide haben diese auch nie gesucht. Nur im ersten halben Jahr nach meinem Amtsantritt gab es manchmal noch Nachfragen bei meinem Vorgänger. Armin Eugster hat nie versucht, Einfluss auf meine Arbeit zu nehmen. Bei der CVP bin und bleibe ich Mitglied, weil ich die Werte dieser Partei teile. Die Parteizugehörigkeit spielte bei meiner Amtsführung jedoch nie eine Rolle. 

Der Gemeindepräsident hat eine besondere Stellung in der Gesellschaft. Inwiefern hat dies Ihre Beziehungen zu den Einwohnerinnen und Einwohnern und zur Gemeinde beeinflusst? 

Baumann: Dass man auch in der Freizeit öfters in seiner Funktion angesprochen wird, war etwas, das ich erwartet hatte und auch so eingetroffen ist. Persönliche Freundschaften haben darunter keine gelitten. Ich bin in Bürglen aufgewachsen und dachte, ich kenne den Ort in- und auswendig. Durch die Arbeit als Gemeindepräsident nimmt man dann doch einige weitere Aspekte wahr, die man als Bürger nicht gesehen hat. 

Sie erreichen das Pensionsalter erst in eineinhalb Jahren. Gibt es berufliche Pläne oder gehen Sie in Frühpension? 

Baumann: Ich gehe in Frühpension und werde nichts mehr machen, das mit meiner bisherigen Tätigkeit in Verbindung steht. Einzig das Präsidium der Regionalplanungsgruppe Mittelthurgau führe ich noch zwei Jahre weiter. In der Öffentlichkeit zu stehen, ist etwas, das ich nie gesucht habe und das ich sicher nicht vermissen werde. Sollte es mir dann doch vielleicht langweilig werden, so besteht immer die Möglichkeit, wertvolle Freiwilligenarbeit zu leisten. 

Interview: Hannelore Bruderer 

Zwei Amtszeiten

Am 13. Februar 2011 wählten die Bürgler Stimmbürger Erich Baumann im ersten Wahlgang zum Gemeindepräsidenten. Er distanzierte seine drei Mitbewerber deutlich. Problemlos bestätigt wurde er in seinem Amt bei den Erneuerungswahlen im März 2015. Das Ehepaar Baumann ist nach Güttingen gezogen. Ihr Haus in Bürglen haben sie ihrem Sohn mit Familie überlassen. (hab)