Freitag, 25. November 2022

Bürglen. Der ökumenische Suppen­zmittag in Bürglen existiert seit 1976. Weil das Interesse daran schwindet und kein Helfernachwuchs in Sicht ist, stellen die «Suppenfrauen» den Traditionsanlass nun ein. 

Das Stöbern in den feinsäuberlich geführten Unterlagen weckt Erinnerungen bei Heidi Bommeli, Vreni Fuchs und Elisabeth Ulmann. Zusammen mit Edeltraud Meyer, Antonia Keiser und Ruth Götsch, die an diesem Nachmittag verhindert sind, bilden sie das aktuelle Kernteam des Suppen­zmittags Bürglen. Heidi Bommeli leistet seit 1997 Freiwilligenarbeit beim Suppenzmittag, Vreni Fuchs und Elisabeth Ulmann sind seit rund 20 Jahren dabei. Margrit Gentsch sorgt seit vielen Jahren dafür, dass der Anlass publik gemacht wird. 

480 Mal aufgetischt

Der erste Suppenzmittag wurde am 2. Oktober 1976 durchgeführt, der morgige Einsatz der Suppenfrauen am Bazar des Creativteams Bürglen wird der 480. Suppenzmittag sein. Die treibende Kraft hinter der Idee «Suppenzmittag» war Edith Bachmann, die Frau des damaligen Pfarrers der Evangelischen Kirchgemeinde. Nach ihrem Wegzug aus der Gemeinde leitete Silvia Hutterli das Team, auf sie folgte 2004 Heidi Bommeli. Das Konzept ist einfach. Jeden ersten Samstag im Monat, ausser in den Sommerferien, stellen die Suppenfrauen ein einfaches Mahl mit Wienerli, Suppe und Kuchen bereit. Die Getränke müssen bezahlt werden, für den Rest kann jeder Gast einen ihm freistehenden Betrag in die Spendenkasse einlegen. Mit dem Erlös werden die Unkosten gedeckt, der Rest wird an eine gemeinnützige Institution in der Region gespendet. Mit dem gemeinsamen Mahl soll auch der Dialog untereinander unabhängig von Alter, Geschlecht oder Religion gefördert werden. Der Blick in die Akten zeigt, dass der Suppenzmittag bei der Bevölkerung lange sehr beliebt war. Schon am ersten Anlass im Jahr 1976 spendete die Bevölkerung 432 Franken. Das sei schon beachtlich, wenn man bedenkt, dass ein Kilogramm Brot damals zwei Franken kostete, sagt Elisabeth Ulmann. 

Nach der Schule zum Essen

«Einen ersten Einbruch bei den Gästen spürten wir nach Einführung der Fünftagewoche in den Schulen», sagt Margrith Gentsch. Diese erfolgte im Thurgau auf das Schuljahr 1998/99. In der Zeit, als es noch kaum Take-away gab, schätzten es die Familien wohl, ihre Kinder bei der Schule zu treffen und mit ihnen den bereitstehenden Zmittag im evangelischen Kirchgemeindehaus zu geniessen. Den Saal und die Küche stellte die Kirchgemeinde kostenlos zur Verfügung. Über all die Jahre ist das Kernteam auch immer von vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern unterstützt worden. Diese halfen mit, die Tische schön zu dekorieren und versorgten die Besucher mit selbst gebackenen Torten und Kuchen. «Es müssen an die 100 Personen gewesen sein, die zu den Dessertköstlichkeiten beitrugen», sagt Heidi Bommeli. Gegen Ende des Jahres treffen sich die Frauen des Kernteams jeweils, um die Daten und Spendenempfänger für das folgende Jahr festzulegen. An ihrer letzten Sitzung beschlossen sie jedoch, den Suppenzmittag ab dem nächsten Jahr nicht mehr weiterzuführen. 

Helfer und Gäste fehlen

«Wir haben bei den Helfenden zunehmend eine Überalterung und niemand kommt nach», sagt Heidi Bommeli. Im Sommer hatte das Team allen Kindern im Religionsunterricht einen Flyer mit einem Aufruf zur Mithilfe für zu Hause mitgegeben. Kein einziges Mithilfeangebot ist zurückgekommen. Irgendwie verstehe sie die jungen Leute ja, sagt Heidi Bommeli. «Heute sind die meisten berufstätig und auch sonst viel eingebunden.» Auf der anderen Seite haben auch das Interesse am Besuch des Suppen­zmittags und damit verbunden die Spendeneinnahmen abgenommen. Nach den Monaten, in denen der Anlass wegen Corona nicht durchgeführt werden konnte, erreichte der Suppenzmittag nicht mehr den Zulauf wie vor der Pandemie. «Ich weiss, ich werde das Team vermissen», sagt Heidi Bommeli. «Wir hatten immer einen guten Zusammenhalt und machten die Arbeit gerne.» Auch wenn der monatliche Suppenzmittag im nächsten Jahr nicht mehr stattfinden wird, ganz geben die Frauen ihre Freiwilligenarbeit nicht auf. Schon jetzt ist klar, dass sie die Küche beim Bazar des Creativteams weiterhin führen werden. Auch die Mitarbeit bei einem von den Kirchgemeinden organisierten Anlass schliessen sie nicht aus. 

Hannelore Bruderer