Donnerstag, 31. Juli 2025
Heldswil. Mit Wildobst und Wildstauden kennen sich Stephanie und Mirco Steer bestens aus. Sie bieten die begehrten Pflanzen in Heldswil
in der Wildwerk Manufaktur an. Ihr Wunsch: Weg von Ziergehölz und Steingarten zurück zur heimischen Artenvielfalt, die zugleich den tierischen Bewohnern Futter und Unterkunft bietet.
Kleines Paradies – das steht auf der Tafel mit den bunten Sonnenblumen und einem fröhlich zwitschernden Vogel, die am Eingangstor der Wildwerk Manufaktur im Buchmoos 31 in Heldswil hängt. Tatsächlich öffnet sich mit dem Tor auch ein kleines Paradies. Zarte kleine Blüten, leuchtend gross jene der Echinacea, ein Bäumchen mit kleinen Äpfeln, über die an jenem regnerischen Vormittag Tropfen rinnen, bevor sie auf den Boden fallen. Kommt die Sonne hinter den Wolken hervor, sind die Pflanzen schnell von unzähligen Schmetterlingen und Insekten besucht. Das Schnattern verrät die tierischen Mitarbeiter der Manufaktur, die zwischen den Beeten patrouillieren. Letti, Jule, Lilly und Jack sind im Anmarsch. Zwischen den Gräsern und Stauden suchen sie nach Schnecken. Eine Delikatesse für die ProSpecieRara-Pommernenten.
Samen aus eigener Produktion
«Das sind unsere Schneckenbeauftragten», sagt Stephanie Steer und lacht. Nach erfolgreicher Jagd ziehen sich die vier – aufmerksam beobachtet vom Hofhund – wieder in den hinteren Bereich der Manufaktur zurück. Dort haben sie ein eingezäuntes Zuhause, gut geschützt vor unliebsamen Besuchern aus dem Wald.
In der Mitte gibt es ein rundes Beet mit einheimischen Wildstauden. «Von diesen gewinne ich die Samen für die Produktion», verrät Stephanie Steer. Ihr prüfender Blick schweift über das Beet, ein kurzer Handgriff – alles ist so, wie es sein soll. Daneben ein Beet mit kleinen Töpfen, in denen neue Wildstauden heranwachsen. Ein Schilfrohrdach schützt vor starker Sonne und vor heftigen Regengüssen. Überall hat es auch kleine Wasserstellen, wo sich Vögel und Insekten stärken können. Eine Bank mit Feuerschale scheint nur darauf zu warten, die Seele baumeln zu lassen. Das ist Stephanie Steer wichtig. «Alle vier Elemente sollen im Garten sein – Erde, Feuer, Wasser und Luft.» So ist ihr auch bei der Beratung der Kunden wichtig herauszufinden, welche Elemente diese in ihrem Garten benötigen. Entsprechend sind die Empfehlungen für Pflanzen und Gartenelemente. Dies weist auf ihre andere Berufung hin: Als Astrosophie-Coach sind ihr das Gärtnern nach Mond und Tierkreiszeichen geläufig. «Nicht jeder braucht das Gleiche», sagt sie. «Sogar die Anwendung von Heilkräutern ist sehr individuell.»
Wildobstkurs inspirierte
Die Wildwerk Manufaktur gibt es seit 2023. Sie entwickelte sich aus der Wildwerk Gartengestaltung, welche Stephanie und Mirco Steer gemeinsam führten. Entstanden ist die Idee einer Baumschule an einem Wildobstkurs im Arboretum in Dürrenäsch, den die selbstständigen Landschaftsgärtner 2022 besuchten. «Es gibt so viele alte Sorten, die früher in Bauerngärten einfach dazugehörten, heute aber nahezu verschwunden sind», sagt Stephanie Steer. Die Pflanzen seien wieder gesucht, es gebe aber niemanden, der sie vermehre. So kam die Zusammenarbeit mit ProSpecieRara zustande. Der Start war nicht ganz einfach, weil es an geeigneter Literatur und überliefertem Wissen fehlte. «Wir sind teilweise immer noch in der Phase des Ausprobierens», sagt Stephanie Steer.
Was als Produktion für die eigene Kundschaft angefangen hat, erfreute sich schnell grosser Beliebtheit. Die Anfragen häuften sich. Als der gelernte Landschaftsgärtner eine Stelle als Geschäftsführer einer anderen renommierten Naturgartenbau-Firma (Landschaftsgärtnerei) in der Region übernahm, widmete sich Stephanie Steer ganz der Manufaktur. «Ich liebe es, die Pflanzen zu hegen und zu pflegen, die Feinarbeiten vom Samen Sammeln, Reinigen und Aussäen bis zur Jungpflanze», sagt sie. Deshalb habe die Manufaktur nebst dem Wildobst 2024 mehrheitlich heimische Wildstauden ins Sortiment aufgenommen.
Schon immer biologisch
Was den beiden Inhabern der Manufaktur schon immer wichtig war, soll nun zertifiziert werden. Die Manufaktur befindet sich seit Anfang Jahr in der Umstellungsphase für Bio Knospe Schweiz und Bioterra. «Wir haben aber schon immer biologisch produziert.» Für sie gebe es keinen anderen Weg, sind sich die beiden einig.
Die Liebe zur Natur wurde Mirco Steer schon in die Wiege gelegt. Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen, war ihm der Umgang mit Pflanzen und besonders mit Tieren schon als Kind wichtig. «Ich wollte nie etwas anderes lernen als Landschaftsgärtner», sagt er und lacht. Das sei er ja schliesslich auch geworden. Und auch Stephanie Steer, die in einer Grossstadt aufgewachsen ist, hatte trotzdem schon früh eine grosse Liebe zur Natur. Schon mit zwei Jahren wurde sie liebevoll «Öko-Liese» genannt.
Die Biodiversität liegt den beiden Manufaktur-Inhabern sehr am Herzen. Gemeinsam machen sich die beiden seit über 15 Jahren für das Thema stark. Ihre Philosophie sind nicht 08/15-Gärten, sondern Gärten, die ganz spezifisch auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt sind. «Ein Naturgarten mit Wildstauden ist nicht einfach ein wildes Durcheinander», sagt Stephanie Steer. Es könne auch durchaus ein strukturierter Garten sein. Auch betont sie, dass ein Naturgarten ebenso viel Pflege benötige, um die Vielfalt zu erhalten.
Stephanie und Mirco Steer wünschen sich, dass Gartenbesitzer wieder wegkommen würden von Ziergehölzen, die zwar schön anzusehen sind, aber den Tieren kein Futter bieten. «Übrigens kann Biodiversität nicht nur im Garten, sondern auch in der Balkonkiste gelebt werden», sagt Stephanie Steer. Der Vorteil an so bepflanzten Kisten und Töpfen sei zugleich, dass alles drin bleiben kann, da Stauden winterhart sind und im nächsten Jahr von neuem erblühen. Das schont Ressourcen und auch das Portemonnaie.
Der Verkauf in der Wildwerk Manufaktur ist von März bis Oktober jeweils am Donnerstag von 13.30 bis 18 Uhr und am Samstag von 9 bis 12 Uhr oder nach telefonischer Anmeldung geöffnet. Von November bis Februar müssen Termine telefonisch vereinbart werden. Ausserdem ist die Manufaktur jeden Freitag am Wochenmarkt auf dem Weinfelder Marktplatz sowie am 30. August am BioMarkt beim Pestalozzi-Schulhaus in Weinfelden vertreten. (mm)
Weitere Informationen auf: www.wildwerk.ch