Freitag, 29. September 2017

Kradolf. Musik, Vorträge, Lesungen – der Kulturverein Steinacker deckt mit seinen Veranstaltungen eine breite Palette kulturellen Schaffens ab. Am letzten Freitag war der Bischofszeller Autor Ferenc Biedermann zu Gast. 

Ferenc Biedermann sitzt, umgeben von antiken Gerätschaften zur Feuerbekämpfung und Uniformen aus vergangenen Epochen, vor seinem gespannt wartenden Publikum und öffnet sein Buch «Bandnächte». Noch hallen die letzten Klänge des ­klassischen Musikstücks des Flö­ten­en­sembles Allegra durch den Raum.

Zusammen mit der Kulisse des Feuerwehrmuseums Kradolf machen sie es den Anwesenden leicht, dem Autor ins Städtchen Bischofszell des Jahres 1743 zu folgen. Fast meint man die verkohlten Überreste des Stadtbrandes zu riechen, die Schatten der Plünderer zu sehen, die durch die Bandruinen huschen, um sich zu bereichern – mit so starken Worten steigt Ferenc Biedermann mit der Ankunft seines Protagonisten in Bischofszell in seinen Roman ein. Der Edelmann Ignaz Muntprat, vom Konstanzer Bischof gesandt, soll den Ursachen des Feuers, das rund 70 Häuser zerstört hatte, auf den Grund gehen. So schnell wie sich das Feuer über die Stadt ausgebreitet hat, so schnell machen sich in der Bevölkerung Gerüchte, Verdächtigungen und Anschuldigungen breit. Die junge Magd Rosa gibt zu, verbotenerweise zu Hause Wäsche gekocht zu haben. Sie bestreitet aber, dass das Feuer durch ihre Unvorsichtigkeit entfacht worden ist. Ignaz Muntprat glaubt ihr, sucht weiter, findet andere Spuren und verstrickt sich zunehmend in seine eigenen Gefühle.

Fakten und Fiktion

Dass Ferenc Biedermann in «Brandnächte» auf ein historisches Ereignis in Bischofszell zurückgegriffen hat, ist kein Zufall. «Ich bin in Bischofszell aufgewachsen und die spannende Vergangenheit des Ortes hat mich immer schon interessiert», sagt der Autor, der Soziologie und Geschichte studiert hat. Die Fakten zur Bischofszeller Feuersbrunst hat er aus verschiedenen Zeitdokumenten und Geschichtsliteratur zusammengetragen. «Die prägenden Ereignisse rund um den Stadtbrand sind eine ideale Basis für einen historischen Kriminalroman. Besonders der erste Teil meines Romans lehnt sich stark an die realen Begebenheiten des Jahres 1743 an. Je weiter sich die Erzählung entwickelt, umso fiktiver wird sie», beantwortet der Autor nach der Lesung eine Frage aus dem Publikum. Eine schriftstellerische Freiheit hat sich Biedermann auch bei der Jahreszeit herausgenommen, in der seine Geschichte spielt. Er gibt schmunzelnd zu: «Der düstere Monat November eignet sich nun einmal besser für eine Kriminalgeschichte als der Wonnemonat Mai, in dem das Feuer tatsächlich in Bischofszell gewütet hat.»

«Brandnächte» ist das erste und bisher einzige Buch, das Ferenc Biedermann geschrieben hat. Ein Nachfolgewerk ist noch nicht in Arbeit. Er habe im Moment einfach zu wenig Zeit, um zu schreiben, sagt er. Unter ISBN 978-2-8399-1887-9 kann «Brandnächte» in Buchhandlungen bezogen werden.

Sonderschau bis Ende Jahr

Im Anschluss an die Lesung nutzten einige der Anwesenden die Gelegenheit, das Feuerwehrmuseum zu besichtigen. Grosses Interesse rief die Sonderschau zur jüngsten Geschichte der Gemeinde Kradolf-Schönenberg hervor. Auf drei Stellwänden werden Bilder und Berichte zum Unwetter im Juni 2015 gezeigt, das in der Gemeinde grosse Schäden verursacht hatte. Das Feuerwehrmuseum Kradolf beherbergt die Sonderschau noch bis Ende Jahr.

Hannelore Bruderer