Freitag, 21. Oktober 2022

Kradolf. Das Kradolfer Blumengeschäft Gschwend führt in seinem Sortiment bereits Safranpflanzen. Ende November kommen auch die im eigenen Betrieb geernteten Safran­fäden in den Handel. 

«Ein Kilogramm Safran kostet 60 000 bis 90 000 Franken und ist somit teurer als Gold», sagt Viktor Gschwend, Inhaber von Blumen Gschwend. Das anfängliche Erstaunen über den enormen Preis relativiert sich aber schnell, wenn man erfährt, mit wie viel Aufwand und Arbeit die Ernte des wertvollen Gewürzes verbunden ist. 

70 000 Pflanzen
«In der Ostschweiz wurde schon vor rund 200 Jahren Safran angebaut. Dieser wurde aber vorwiegend in der Textilbranche zur Färbung von Stoffen verwendet», erklärt Viktor Gschwend, der eine Leidenschaft für alte und in Vergessenheit geratene Pflanzen hegt. Bereits vor einem Jahr hat er an seinem weiteren Geschäftssitz in Neukirch-Egnach zu Versuchszwecken kleinere Mengen an Safranknollen gepflanzt. Nachdem diese vielversprechend ausgefallen waren, pflanzte er in diesem Jahr bereits 70 000 Knollen, 10 000 davon in einem Rebberg im Wallis. «Der Safran wurzelt im September – dann, wenn der Winzer mit seiner Arbeit im Rebberg fertig ist», erklärt Viktor Gschwend das Zusammenspiel. In diesen Tagen beginnen auch die Safranpflanzen in Neukirch zu blühen. An verschiedenen Stellen des rund 700 Quadratmeter grossen Feldes recken sich Blüten in die Höhe, die Krokussen ähneln. «Safran ist ein herbstblühener Krokus. Die Knollenpflanze hat aber nichts zu tun mit der Herbstzeitlosen, die giftig ist», erklärt Viktor Gschwend.
Die Blüte der Safranpflanze verfügt über sechs lilafarbene Blütenblätter. Im Zentrum der Blüte befinden sich drei gelbe, männliche Staubbeutel und drei rote, weibliche Griffelfäden. Diese Griffelfäden sind steril, sodass sie nicht in der Lage sind, männliche Pollen aufzunehmen. «Aus diesem Grund erfolgt die Vermehrung der Safranpflanze nur durch die Teilung der Knollen», erklärt Viktor Gschwend. Die Sterilität der Safranfäden ist auch der Grund dafür, dass weltweit alle Pflanzen die gleiche Genetik aufweisen. 

200 000 Blüten
Das Objekt der Begierde sind die zarten, roten Griffelfäden. Täglich begeben sich freiwillige Erntehelfer, die Viktor Gschwend auch aus der eigens gegründeten WhatsApp-Gruppe «Pflücker und Zupfer» rekrutiert, auf das Safranfeld. In einem ersten Arbeitsschritt pflücken diese die ganzen Blüten. Danach zupfen sie die Griffelfäden heraus und entfernen den unteren, weissen Teil, der Bitterstoffe enthält. Um ein Kilogramm Safran zu erhalten, müssen 150 000 bis 200 000 Blüten geerntet werden. Bevorzugt werden die Safranblüten am Morgen geerntet. «Sonnenstrahlen bauen die ätherischen Öle ab, was die Qualität mindert», sagt Viktor Gschwend. Nach der Gewinnung werden die Griffelfäden während fünf Stunden bei 40 bis 50 Grad getrocknet. Bevor sie in der Küche weiterverarbeitet werden, sollten sie zwei Monate lang gelagert werden. Bei trockener und dunkler Lagerung sind sie danach für zwei Jahre haltbar. Viktor Gschwend rechnet damit, dass die diesjährige Ernte, die von Mitte Oktober bis Mitte November dauert, einen Ertrag von rund einem Kilogramm Safran einbringen wird. Die Blüten und die Safranfäden werden in verschiedenen Einheitsgrössen in seinen Geschäften und online verkauft. Für Personen, die selber Safran anbauen möchten, bietet Blumen Gschwend auch Safranknollen an. «Die Pflanze ist sehr pflegeleicht und winterhart. Nur in Sachen Feuchtigkeit benimmt sie sich divenhaft», sagt Viktor Gschwend. Die Safranpflanze, die zu den Schwertliliengewächsen gehört, blüht in bis zu fünf aufeinanderfolgenden Jahren. «Danach müssen die Knollen ausgegraben, geteilt und optimalerweise an einem anderen Ort wieder eingepflanzt werden», erklärt Viktor Gschwend. Er selber plant, für das nächste Jahr ein zweites, etwa gleich grosses Safranfeld anzulegen – dies für den Fall, dass die Blüten auf dem bestehenden nicht wie erhofft spriessen. 

Genuss- und Heilmittel
Hauptsächlich wird Safran in der Küche verwendet. Nachdem die getrockneten Fäden gemörstert oder zwischen den Fingern zerrieben wurden, sollten sie vor dem Kochen eine gute Stunde in einer lauwarmen Flüssigkeit eingeweicht werden. Safran gilt aber auch als Heilpflanze, die beispielsweise depressiven Stimmungen oder prämenstruellen Beschwerden entgegenwirken kann.

Monika Wick