Freitag, 8. Juni 2018

Erlen. Wer in Erlen einen Brief aufgeben will, geht damit zum Volg. Aber wie kommt die Post in die Briefkästen der Einwohner? Autor Wolf Buchinger ist diesem Weg gefolgt und hat Erstaunliches entdeckt. 

Mit der Auflösung der Poststelle im letzten Herbst und dem Auszug aus den Räumen im Gemeindehaus musste die Post ihre Dienstleistung in der Gemeinde ­Erlen neu organisieren. Am 2. Oktober 2017 eröffnete die Postagentur im Volg Aachbrüggli. Mit fast allen Dienstleistungen, die Kunden früher am Postschalter erledigen konnten, geht es dort weiter. Solange alle Briefe, Zeitungen und Prospekte zuverlässig in den Briefkästen landen, macht sich auch kaum jemand Gedanken darüber, wie die Postzustellung neu organisiert ist. Und zuverlässig ist die Zustellung meist – gut, manchmal ist sie vielleicht etwas feucht, sogar nass oder riecht eindeutig nach Rindviechern. Dies fiel Wolf Buchinger auf und liess ihm keine Ruhe mehr. In seinem Bericht, der am 24. Mai im Online-Medium «Die Ostschweiz» unter dem Titel «Was macht die Briefpost in diesem Thurgauer Kuhstall?» erschienen ist, beschreibt der Autor, der in Erlen wohnt, anschaulich, wie er den wunderlichen Weg der Erler Post verfolgt hat. 

Bei Wind und Wetter

Die Zustellungen für Erlen werden von den Pöstlern morgens bei der Post Amriswil in engsten Raumverhältnissen sortiert und in die Anhänger ihrer Dreirad-Elektrofahrzeuge gepackt. Dann nehmen die Zusteller bei Regen, Schnee oder Hitze die gut acht Kilometer bis Erlen entlang der befahrenen Strasse unter die drei Räder – mit einer Maximalgeschwindigkeit von 45 km/h, versteht sich. Um zu erfahren, was es mit dem sporadisch auftauchenden Stallgeruch seiner Post auf sich hatte, dafür brauchte Wolf Buchinger etwas länger. Die Post hat beim Restaurant Station einen ausgedienten Kuhstall als Zwischenlager angemietet. Auf Anfrage des Neuen Anzeigers bestätigt Markus Werner von der Kommunikationsstelle der Post, dass es sich dabei um eine offizielle Depotstelle der Post handle. Diese diene ausschliesslich zur Lagerung von Mehrvolumen und würde nicht täglich benützt. Dieser, selbst im ländlichen Raum aussergewöhnliche Lagerraum, ist auch nicht aus Zeitnot angemietet worden oder weil kein anderes Objekt verfügbar war. 

Geeignet als Zwischenlager

Zu den Kriterien Sicherheit und Sorgfalt im Umgang mit den Erler Postsendungen schreibt die Kommunikationsabteilung: «Der Raum ist trocken und mit einer Türe abschliessbar. Die Briefsendungen werden in Kisten gelagert, und der Boden ist sauber. Deshalb ist der Raum aus unserer Sicht geeignet für die Zwischenlagerung von Briefsendungen.» Wesentlich mehr als die seltsame Depotstelle, hätten ihn aber die Arbeitsbedingungen der Angestellten beschäftigt, sagt Wolf Buchinger. «Lieferungen mit Lastwagen vor Ort, wie es bisher üblich war, wurden wegrationalisiert. Da wird auf Kosten der Mitarbeiter gespart.» Anders sieht es die Post: «Die Post verfährt bei der Wahl der Fahrzeuge nach ganz unterschiedlichen, situationsbedingten Kriterien. Solche Kriterien sind beispielsweise die Besiedelungsdichte des Zustellgebiets oder die Sendungsstruktur, insbesondere die Anzahl der Briefe. Betreffend Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeitenden beruft sich die Post auf die Verbesserungen am Rollermaterial, die sie vorgenommen hat. So ist vom Zweirad-Benzin-Roller auf Dreirad-Elektro-Roller umgestellt worden. Ferner schreibt sie: «Die Zustellerinnen und Zusteller sind alle mit Helm und Funktionsbekleidung, inklusive Warnweste, für die Fahrt bei unterschiedlichsten Witterungen ausgerüstet. Für Mitarbeitende, welche Rückenprobleme aufweisen, kann zusätzlich auch ein gefederter Sitz bestellt werden.»

Hannelore Bruderer