Freitag, 27. August 2021

Erlen. Von den langen Wartezeiten an der Schranke beim Bahnhof Erlen werden Autofahrer auch in den nächsten Jahren nicht verschont. Eine Unterführung wird es dort nicht geben. 

An den letzten Gemeindeversammlungen kamen jeweils Fragen zur zukünftigen Entwicklung des Verkehrs in der Gemeinde auf. Besonders die Situation beim Bahnhof mit der oft lange geschlossenen Schranke ist ein wiederkehrendes Thema. Aus diesem Grund lud der Gemeinderat die Bevölkerung am Mittwochabend zu einer Information in die Aachtalhalle ein. Ebenfalls anwesend waren Raffaele Landi, Leiter Planung und Verkehr des Tiefbauamts Thurgau, sowie Tobias Nippe, Netzmanager Bauportfolioplanung und -steuerung bei den SBB. Aufgrund der vielen Diskussionen  zum Thema Verkehrsentwicklung in der Gemeinde, rechnete der Gemeinderat mit einem höheren Interesse an der Veranstaltung, an der gerade einmal rund zwei Dutzend Personen teilnahmen. 

BTS gibt Takt vor

Der Gemeindepräsident erklärte, dass die Gemeinde Erlen als Teil der Ortplanrevision vor zwei Jahren auch einen Verkehrsrichtplan erstellt hatte, der auf dem Gesamtverkehrskonzept des Kantons Thurgau basiert. Die künftigen Verkehrsflüsse in der Gemeinde würden stark mit dem Bau der Bodensee-Thurtal-Strasse (BTS) zusammenhängen, schickte Thomas Bosshard voraus. «Die zeitliche Umsetzung des Ausbaus ist jedoch noch nicht fassbar. Die Annahme, dass dies sicherlich bis 2040 dauern wird, ist ziemliche realistisch.» Nach weiteren Ausführungen kam der Gemeindepräsident auf eine Ankündigung des Kantons zu sprechen. Dieser will 200 von seinen 741 Kilometern Kantonsstasse an die Gemeinden abtreten. In Erlen betrifft dies 6,75 Kilometer, deren technischer Unterhalt, Winterdienst, Reinigung etc. neu von der Gemeinde bezahlt werden müsste. Dafür würde sich der jährliche Kantonsbeitrag von 130 000 Franken auf 215 000 Franken erhöhen. Die Gemeinde Erlen spreche sich gegen dieses Vorhaben aus, erklärte Bosshard. «Wir erachten den Vorschlag mit diesen Rahmenbedingungen als nicht ausgewogen. Aus unserer Sicht ist dies keine kostenneutrale, sondern eine kostenerhöhende Verschiebung.» 

Baubeginn verschoben

Zur Verbesserung der Situation für Fussgänger und Radfahrer beim Bahnübergang haben die SBB eine Studie mit der technischen Machbarkeit verschiedener Varianten inklusive Kostenabschätzung und Zeitbedarf erstellt. Eine Fussgänger­unterführung, die auch von Radfahrern genutzt werden kann, sei wesentlich teurer als eine Passerelle mit Lift, erklärte der Gemeindepräsident. Zudem bezweifle er, dass eine Unterführung, in der Velos nur gestossen werden dürfen, von Radfahrern dann auch wirklich benutzt würde. «Leider wurde uns von den SBB letzte Woche schriftlich mitgeteilt, dass der ursprüngliche Realisierungstermin im Jahr 2025 aufgrund der angespannten Finanzlage des Bahnunternehmens und der Priorisierung anderer Projekte auf 2029 verschoben wurde.» 

Zu hohe Kosten

Thomas Bosshard präsentierte dann die Überlegungen zu einer Bahnunterführung für den motorisierten Verkehr mit zwei möglichen Varianten. Er stellte klar, dass es sich dabei nicht um ein fertiges Projekt handelt, angeschaut worden sei die Situation nur bezüglich technischem Platzbedarf mit den entsprechenden Konsequenzen für bestehende Bauten und den grob geschätzten Kosten. Eine Unterführung nur für Personenwagen würde rund 15 Millionen Franken kosten, eine für Personen- und Lastwagen rund 25 Millionen Franken. Rund die Hälfte davon würde der Kanton tragen. «Die finanzielle Belastung durch ein solches Bauwerk wäre ohne eine höhere Beteiligung des Kantons für unsere Gemeinde zu gross», erklärte Bosshard. Das Tiefbauamt Thurgau hat seinerseits eine Zweckmässigkeitsbeurteilung unter Berücksichtigung der künftigen Verkehrsentwicklung und des Baus der BTS  vorgenommen. Es kommt zum Schluss, dass weder die eine noch die andere Variante umgesetzt werden wird. Der geringe durchschnittliche Tagesverkehr rechtfertigt die Investition nicht. Auch ist von Seiten der SBB bis nach 2040 keine Takterhöhung vorgesehen. 

Hannelore Bruderer