Freitag, 22. März 2019

Sulgen. Sind die Kinder eines Pfarrers immer brav? Und wird im Pfarrhaus unablässig andächtig gebetet? – Zwei Klassen der Pestalozzi-Schule brachten einen entlarvend heiteren Einblick ins Familienleben einer Pfarrfamilie auf die Bühne.

Es war eine anstrengende Woche für die Schülerinnen und Schüler der 6. und 7. Klasse der Pestalozzi-Schule Sulgen. Gleich an vier Abenden hintereinander zeigten sie ihr satirisches Theaterstück «Auch sonntags wird gelacht» mit einer Spiellänge von rund zwei Stunden. Für die Hauptrollen hatten sie viel Text auswendig zu lernen. Einige Rollen waren doppelt besetzt. «Die Doppelbesetzung war nötig, wir hatten während der Proben einige krankheitsbedingte Ausfälle», sagt Klassenlehrer Ivo Schwyter, der das Stück mit den Jugendlichen einstudiert hat. 

Besuch der Autorin

Das Stück beruht auf dem gleichnamigen Buch von Ulrike Piechota. Dass die 78-jährige Autorin den Weg von Deutschland nach Sulgen auf sich nahm, um die theatralische Umsetzung ihres Stoffes persönlich zu sehen, war für die jungen Darsteller der Höhepunkt ihres Theaterprojekts. Im Mittelpunkt des Stücks steht Lisa, ein Einzelkind wohlhabender, berufstätiger Eltern, die beschliesst, ihren eigenen Weg zu gehen. Vor der Matur bricht sie die Schule ab. Sie schummelt mit ihrem Alter und bewirbt sich als angebliche Studentin auf eine Stelle im Haushalt einer Pfarrfamilie. Das Leben im Pfarrhaus hält für sie so manche Überraschung bereit, denn die Pfarrfamilie ist so gar nicht, wie sie sich das gedacht hatte. Frau Pfarrer schreibt Krimis und der 18-jährige Sohn Mischa dreht Gruselfilme, bei denen mitunter recht viel Blut fliesst. Die beiden kleinen Kinder spielen gerne Streiche und die 16-Jährige Anne ist ein aufmüpfiges Mädchen. «Was hast du denn gedacht? Wir seien eine Musterfamilie und beten zu Tisch so lange bis die Speisen kalt sind?», neckt sie die neu angekommene Lisa. Immer wieder rufen Personen im Pfarrhaus an oder stehen vor der Tür. Diese Begegnungen stehen im Kontrast zum fröhlichen Familienleben. Da ist eine junge Witwe, die mit dem Herrn Pfarrer in seinem Büro ein Trauergespräch führt, da ist der Anrufer, der mitten in der Nacht mit Selbstmord droht und da ist der arme Schlucker, der sich ein Wurstbrot erbettelt. Immer wieder schaut Frau Fischendorfer vorbei, die von der Familie hinter vorgehaltener Hand nur Gemeindeposaune genannt wird. Sie meint über alles Bescheid zu wissen, gibt Tratsch und Verleumdungen weiter, nicht ohne sie vorher noch mit viel Neid und Missgunst anzureichern. Ihre Erfahrungen mit Scheinheiligkeit und Frömmelei, aber auch mit wahrer Nächstenliebe und tiefem Glauben vertraut Lisa abends in ihrem Zimmer einem Tagebuch an. Während im Pfarrhaus eine Party mit lauter Musik und Discofox steigt, verliebt sich Lisa in den Vikar. Er ist aber nicht der einzige Grund, den Lisa noch eine Weile länger am Ort hält. Sie findet zu ihrer wahren Berufung und beginnt eine Ausbildung in der Altenpflege. «Ich habe in dieser Zeit viel mehr gelernt als den Haushalt zu führen», ist Lisas Fazit. 

Grandios gespielt

Die Schülerinnen und Schüler fühlten sich gut in ihre Rollen ein und stockten kaum einmal in ihren Texten. Sie verstanden es, die fröhlichen Momente und ernsten Themen authentisch darzustellen. Nicht nur auf der Bühne überzeugten sie mit ihrem Stück. Gleich mehrmals bauten sie das Bühnenbild um, ­ohne dass es den Fluss des Spiels störte, und auch an den Schalthebeln für Ton und Licht liessen sie sich durch kleinere Patzer nicht aus der Ruhe bringen. Gut gewählt waren die Requisiten, die Musik und das Bühnenbild, das die Zuschauer zurück in die 1980er-Jahre brachte, als die Geschichte geschrieben wurde.

Hannelore Bruderer