Freitag, 3. Februar 2023

Sulgen. Die Sekundarschule Befang räumt der Prävention eine hohe Priorität ein. Aktuell beschäftigt sie sich mit der Vorbeugung häuslicher und sexueller Gewalt. Vergangene Woche präsentierten die Schülerinnen und Schüler die Arbeiten ihren Eltern.

Gewalt ist in unserer Gesellschaft omnipräsent, sei es im öffentlichen Raum, in Beziehungen oder in Kriegen», sagte Magnus Jung zu Beginn des Elternabends, zu dem die VSG Region Sulgen am Donnerstag von vergangener Woche eingeladen hatte. «Umso wichtiger ist die Arbeit, die wir geleistet haben», fügte der Schulleiter der Sekundarschule hinzu. Damit sprach Magnus Jung die Präventionsarbeit an, auf die die Schule während der letzten Monate ihren Fokus gelegt hatte. Während dieser Zeit beschäftigten sich die drei Abschlussklassen mit ihren gut 50 Schülerinnen und Schülern hauptsächlich mit der Prävention häuslicher und sexualisierter Gewalt. Was die Präventionsarbeit genau beinhaltete, erläuterte anschliessend Schulsozialarbeiterin Barbara Dudli. 

Thematik vertieft

Bereits im September des letzten Jahres beschäftigten sich die Schüler während zehn Lektionen mit dem nationalen Präventionsprogramm «Herzsprung», das das Thema «Liebe, Sexualität und Freundschaft ohne Gewalt» behandelt. Zudem verbrachten die Jugendlichen einen Nachmittag mit einer Polizistin, die das Thema aus beruflicher Sicht beleuchtete oder schauten den Film «Nur eine Frau», der die Grundlage für Diskussionen bildete. Während der letzten drei Monate vertieften die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeit zu den Themen «Prävention häusliche Gewalt», «Förderung gesunder Beziehungen» und Gleichstellung». Die Projekte, die während dieser Zeit entstanden sind, stellten die Jugendlichen ihren Erziehungsberechtigten im Rahmen eines Elternabends vor. Bei der Wahl der Themen und der Art der Umsetzung schöpften die Schülerinnen und Schüler aus dem Vollen. Während eine Gruppe aus Mädchen den Song «I love the way you lie» von Rihanna und Eminem interpretierte, der die extreme Hassliebe eines Liebespaars beschreibt, produzierten einige Jungs einen Videoclip, der den Begriff «häusliche Gewalt» mit einfachen Worten und Bildern erklärt. Auch Themen wie «Männer als Betroffene», «Zwangs­ehe» oder «Gewalt in der Erziehung» verarbeiteten die Jugendlichen in ihren Projekten. Manuel Bachofner portraitierte in seiner Arbeit beispielsweise die US-amerikanische Juristin Ruth Bader Ginsburg, die sich auch für die Rechte von Frauen stark machte. «Gewalt ist ein aktuelles und wichtiges Thema, das uns alle betrifft. Ich bin froh, dass wir die Prävention behandelt haben», sagte der Schüler und fügte hinzu: «Wenn ich jetzt auf einen Betroffenen treffen würde, wüsste ich, wie ich zu reagieren hätte.» 

Selber Gewalt erlebt

Im letzten Teil des Abends gewährte Dirk Baier, Professor an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW, einen Einblick in seine Studien zum Thema «Häusliche Gewalt, insbesondere in Teenagerbeziehungen sowie der Jugendgewalt». «Mich braucht es hier gar nicht. Die Schülerinnen und Schüler sind während ihrer Arbeit selber zu Experten geworden», bemerkte er zu Beginn seiner Ausführungen mit einem Augenzwinkern. Nichtsdestotrotz lieferte er Zahlen und Fakten, die seine Studien ergeben haben. So erfuhren die Anwesenden, dass es in der Schweiz jährlich zu rund 25 Beziehungsmorden kommt oder die Coronazeit keinen Treiber für häusliche Gewalt darstellte. «Was dagegen zunimmt, ist, dass stellvertretend die Haustiere der Partnerin oder des Partners gequält werden», beobachtete er. Im Weiteren erklärte Dirk Baier, der in seiner Kindheit selber extreme Gewalt erleiden musste, dass sich statistisch gesehen in jeder Schulklasse drei Schüler befinden, die psychische oder sexuelle Gewalt erleben. Er machte auch keinen Hehl daraus, dass Kinder, die Gewalt erleben, selber zu Tätern werden. «Es ist wichtig, so früh wie möglich zu intervenieren, um die Gewaltspirale zu unterbrechen», sagte er. Überrascht hat die Eltern die Aussage, dass Pornokonsum bei den Jugendlichen kaum Schaden anrichtet. Problematisch seien vor allem Medien mit gewalttätigem Inhalt. Zusammenfassend erklärte Dirk Baier: «Es muss verhindert werden, das Menschen zu Tätern werden und nicht, dass den Opfern gesagt wird, wie sie sich zu verhalten haben.»

Monika Wick