Freitag, 14. Juli 2017

Sulgen. Die Kinder, die das Murmelhaus besuchen, dürfen sich freuen – die Ärztegesellschaft Thurgau hat dem Murmelhaus eine grössere Spende zukommen lassen.

Weder der Vorstand des Murmelhaus-Trägervereins Sulgen–Schönenberg-Kradolf noch die Murmelhausleiterin Gabriela Pfister hatten damit gerechnet. Ihre Leistungen zur vorschulischen Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, die sie seit sieben Jahren mit viel Herzblut verfolgen, sind am Montag von unerwarteter Seite gewürdigt worden. Mark Ebneter, Chefarzt an der Klinik Littenheid und Vorstandsmitglied der Ärztegesellschaft Thurgau, überbrachte einen Scheck im Wert von 5000 Franken.

Thema ist aktuell
Die Ärztegesellschaft Thurgau unterstütze jedes Jahr ein Projekt mit Vorbildcharakter, das mit relativ geringem Aufwand viel erreiche und nachhaltig wirke, sagte Mark Ebneter. Eine Person aus dem Umfeld der Klinik Littenheid, die im Thurgau gut vernetzt sei, habe ihn auf das Murmelhaus Sulgen–Kradolf-Schönenberg aufmerksam gemacht. Zusammen mit anderen förderungswerten Projekten ist die Tätigkeit des Murmelhauses dem Vorstand der Ärztegesellschaft vorgestellt worden. «Die Aktualität des Themas Integration und besonders der Ansatz, mit der Integration bereits bei Kindern im Vorschulalter zu beginnen, wo die Wirkung besonders hoch ist, gaben den Ausschlag, dass die Wahl in diesem Jahr auf das Murmelhaus fiel», sagte Ebneter.
Es ist kein Zufall, dass im Vorstand des Vereins Murmelhaus viele Personen aus dem Umfeld der Schulen Einsitz nehmen. Denn abgesehen von den Kindern, die das Murmelhaus besuchen, sind es die Schulen, die stark von einer frühen Integration profitieren. Zuhause lernen Kleinkinder aus Elternhäusern mit Migrationshintergrund oft nur ihre Muttersprache. Beherrschen sie die deutsche Sprache auch bei ihrem Schuleintritt noch schlecht, haben sie einen gewichtigen Nachteil gegenüber ihren Klassenkameraden. Diesen Nachteil können sie unter Umständen auch in den weiteren Schuljahren nicht wettmachen. Im Murmelhaus, das bis zu zwölf Kinder im Alter von drei und vier Jahren unterschiedlicher Nationen besuchen, wird Hochdeutsch gesprochen. «Dass sich alle in einer gemeinsamen Sprache verständigen können, ist sicher eines unserer wichtigsten Ziele», sagte die Murmelhausleiterin Gabriela Pfister. «Weitere Aspekte sind die Ablösung vom Elternhaus und das Spiel mit anderen Kindern in der Gruppe. Da die Kinder an vier Vormittagen in der Woche bei uns sind, erhalten sie auch eine Tagesstruktur, die ihnen zum Beispiel auch den Übertritt in den Kindergarten erleichtert.»

Persönlicher Kontakt
Um Familien, die einen Flyer mit dem Angebot des Murmelhauses erhalten, von der Bedeutung einer Teilnahme zu überzeugen, ist oft auch ein persönliches Gespräch nötig. Diesen Erstkontakt nimmt die Murmelhausleiterin gerne wahr, ist er doch der erste Schritt zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, das für den Erfolg ihrer Arbeit wichtig ist. Nach dem Eintritt der Kinder ins Murmelhaus führt sie regelmässig Gespräche mit den Eltern durch, meist mit den Müttern. So kommt es auch zu Begegnungen unter Frauen, die so Gelegenheit haben, sich zu vernetzen. «In meiner Zeit am Murmelhaus habe ich selber auch vieles über kulturelle Unterschiede gelernt», sagte Gabriela Pfister. So sei es zum Beispiel bei vielen Kulturen nicht üblich, dass man seine Kinder einer Fahrgemeinschaft anvertraue. «Die Idee mit dem Murmelhaus ist bereits im Jahr 2006 geboren worden», erklärte Vorstandsmitglied Sybille Janett dem interessierten Gast aus Littenheid. Es dauerte dann aber noch vier Jahre, bis die Idee verwirklicht werden konnte. Dazu beigetragen hat, dass der Bund zu dieser Zeit begann, für Integrationsprojekte Anschubfinanzierungen zu leisten. Es sei auch ein Glücksfall gewesen, dass sich die Gemeinden Sulgen und Kradolf-Schönenberg bereit erklärt hätten, sich am Projekt alljährlich finanziell zu beteiligen, betonten die Vorstandsmitglieder.

Direkt für die Kinder
«Die Spende, die wir von der Thurgauer Ärztegesellschaft erhalten, fliesst nicht in unsere laufende Rechnung», sagte Irma Suter, die Präsidentin des Vereins Murmelhaus. «Wir eröffnen mit den 5000 Franken ein separates Konto, mit dem wir ausschliesslich Sachen finanzieren, die direkt den Kindern zugute kommen.» Dass zur Scheckübergabe im Begegnungshaus Sulgen fast der gesamte Vorstand des Murmelhauses zusammengekommen ist, hat Mark Ebneter überrascht. «Das ist nicht immer so», sagte er. «Man spürt hier, dass hinter dem Murmelhaus ein gut funktionierendes Team steht.»

Hannelore Bruderer