Freitag, 22. November 2019

Heldswil. Die Firma Sunrise will in Heldswil eine 30 Meter hohe Mobilfunkantenne erstellen. Die Einwohner wehren sich dagegen. Auf der Gemeinde sind mehrere Einsprachen gegen das Bauvorhaben eingegangen. 

Von Verschandelung des Ortsbildes, Strahlenbelastung und Wertminderung der Wohnliegenschaften sprechen die Gegner der Mobilfunkanlage, die die Firma Sunrise am Rande des Wohngebietes mitten im idyllischen Dorf Heldswil erstellen will. Es sind nicht nur einige wenige des 300-Seelen-Orts, die das Bauvorhaben verhindern wollen. Die Gegner haben sich organisiert, eine Infoveranstaltung durchgeführt, Unterschriften gesammelt, die sie dem Gemeinderat überreicht haben, und machen mit einem Plakat am Dorfeingang gegen das geplante Projekt mobil. Diskussionen werden hoch emotional geführt. Sie habe keine Angst vor zu hoher Strahlung und sei nicht gegen Fortschritt, betont eine Anwohnerin, die sich zum Fototermin beim Plakat am Dorfeingang eingefunden hat. «Mobilfunkstrahlen haben wir überall. Aber so eine grosse Antenne passt nicht in unser Ortsbild.» Der Handy-Empfang sei in der Tat nicht besonders gut, gibt ein Mann zu, aber damit könne er leben. Eine Antenne direkt bei seinem Haus wolle er auf jeden Fall nicht. 

Aufwändige Standortsuche

In Sichtweite, aber ausserhalb des Dorfkerns bei der Firma Schenk, nur einen knappen Kilometer entfernt vom geplanten Standort, baut derzeit die Swisscom eine neue 5G-Mobilfunkanlage. «Warum reicht das nicht? Warum können diese zwei Firmen sich diese Anlage nicht teilen?», fragt sich Rahel Müller, die mit ihrer Familie ein Haus in der Nähe der geplanten Sunrise-Anlage bewohnt. Diese Frage stellt auch Gemeindepräsident Lukas Hoffmann in einem Facebook-Eintrag, indem er die Verantwortlichen der Sunrise auffordert, Alternativen zu suchen. Zur Standortfrage schreibt Sunrise auf Anfrage: «Damit die Mobilfunkverbindungen genutzt werden können, müssen die Mobilfunkantennen dort stehen, wo sich unsere Kundinnen und Kunden aufhalten, also insbesondere in Wohn- und Geschäftszonen. Die Wahl eines Antennenstandortes ist sehr aufwändig. Es gilt, eine Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen. Selbstverständlich versuchen wir dabei, allen Interessen soweit als möglich Rechnung zu tragen.» Mobilfunkantennen seien ihrem Zweck entsprechend jedoch auf exponierte Standorte angewiesen. Sunrise schreibt ferner, dass sie eine Mitbenutzung des Swisscom-Mobilfunkstandortes in Heldswil geprüft habe. «Die Anlage der Swisscom nutzt die NISV-Grenzwerte jedoch bereits aus, so dass keine Installation eines weiteren Anbieters am gleichen Standort möglich ist.» 

Eine Flut von Einsprachen

An der Gemeindeversammlung am nächsten Montag sei die Sunrise-Antenne sicher ein Thema, das diskutiert werde, sagt Gemeindepräsident Lukas Hoffmann. «Gegen das Bauprojekt sind überwältigend viele Einsprachen – Sammel- und Einzeleinsprachen – eingegangen.» Dass sich ein Grossteil der Bewohner so stark engagiert, um die Antenne im Dorf zu verhindern, beeindruckt Hoffmann, der erst seit dem Sommer im Amt ist. «Man spürt, dass das Dorf lebt und bereit ist, gemeinsam für eine Sache einzustehen.» Die Einsprachenfrist ist in dieser Woche abgelaufen. Danach geht das Baugesuch zur Prüfung an den Kanton und kommt mit dessen Empfehlungen zurück zum Gemeinderat. Erst dann könne man beurteilen, wie es weitergeht, sagt Hoffmann. Angesprochen darauf, ob die ­Gemeinde eventuell rechtliche Schritte gegen den Antennenbau unternehmen würde, sagt er: «Das muss man sich wegen der hohen Kosten immer sehr gut überlegen und genau abwägen.»

Hannelore Bruderer 

Besserer Handy-Empfang fürs Geschäft 

Mohammed Ghanem Hazem, der Inhaber des Grundstücks, auf dem Sun­rise die Antenne bauen will, betreibt in Heldswil eine Autoverwertung. Er wohnt nicht in der Gemeinde. Über seine Geschäftsbeziehung mit Sunrise gibt er bereitwillig Auskunft. Wegen des schlechten Handy-Empfangs in seinem Geschäft wurde er bei verschiedenen Telekommunikationsanbietern bereits vor acht Jahren vorstellig. Man könne nichts machen, habe man ihm damals gesagt. Vor eineinhalb Jahren habe ihn dann Sunrise kontaktiert und den Standort für einen Antennenbau mehrmals besichtigt. «Ich habe mehrmals nachgefragt, ob die Strahlung unbedenklich sei. Wäre sie schlecht für die Gesundheit, hätte ich niemals eingewilligt!», bekräftigt er. Zu den Bedenken betreffend Ortsbild und Minderung der Liegenschaftspreise zuckt Mohammed Ghanem Hazem bloss mit den Schultern. «Die Bewohner sagen, der Wert ihrer Liegenschaften werde sinken. Ich denke, er wird steigen, weil sie künftig hier einen guten Mobilfunkempfang haben.» Für das Baurecht auf seinem Grundstück erhält Hazem von Sunrise 100 000 Franken Miete. Er habe zwischen dieser einmaligen Zahlung oder jährlichen Mietzahlungen über 25 Jahre wählen können, sagt er. «Für mich ist das viel Geld, die Antenne stört mich nicht und ich brauche den Platz hinter dem Gebäude nicht.» Die Gegner des Projekts werfen ihm vor, er habe sich von der hohen Summe blenden und kaufen lassen. Zur Höhe der Standortmiete schreibt Sunrise: «Wir bieten Standorteigentümern Standortmieten an, die sich nach den ortsüblichen Preisen des Mietmarktes richten. Die Standortmieten werden bilateral mit dem Immobilieneigentümer vereinbart. Überrissene Forderungen von Standortmaklern, wie sie kürzlich Gegenstand eines Artikels in der Zeitung Blick waren, lehnt Sunrise ab.» (hab)