Freitag, 9. November 2018

Erlen. Die Einwohner der Gemeinde Erlen stehen vor einem wichtigen Entscheid. An Schul- und Gemeindeversammlung stellen sie die Weichen für das Projekt «Familienergänzende Betreuung in Erlen». 

Seit einigen Jahren führen in Erlen die Volksschule und die Po­litische Gemeinde ihre Gemeindeversammlungen nacheinander am gleichen Abend durch. In diesem Jahr haben beide das Projekt «Familienergänzende Betreuung in Erlen» mit einem Kreditantrag traktandiert. Abgestimmt wird zwar separat, die Information zum Projekt haben die beiden Körperschaften jedoch in einer gemeinsamen Botschaft zusammengefasst. 

Gesellschaft im Wandel

«Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiges gesellschaftliches Thema. Gemeinden haben einen gesetzlichen Auftrag zu klären, welche Bedürfnisse ihre Einwohner in dieser Hinsicht haben und falls ein Bedarf besteht, entsprechende Strukturen zu schaffen», erklärt Gemeindepräsident Roman Brülisauer. Obwohl die Verantwortung bei der Politischen Gemeinde liegt, ist in Erlen die Schule seit den ersten Gesprächen vor rund zehn Jahren mit im Boot. Denn in welchem Umfeld ein Kind aufwächst, hat auch Einfluss auf seinen schulischen Werdegang. «Der präventive Faktor einer guten ausserschulischen Betreuung kann nicht genug betont werden», sagt Schulpräsident Heinz Leuenberger. «Erfahrungen aus den Schulen zeigen, dass Korrekturen, die im Nachhinein gemacht werden müssen, in der Regel aufwändiger und teurer sind.» 

Die in Erlen angestrebte familienergänzende Betreuung geht denn auch weit über das bestehende Angebot des Mittagtisches hinaus. Es deckt die Zeit von morgens um sieben bis abends um 18 Uhr ab und beeinhaltet nebst der gesunden Ernährung eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Betreut und begleitet werden die Kinder und Jugendlichen dabei von gut ausgebildeten Fachpersonen. Damit alle vom neuen Angebot profitieren können, ist das Tarifsystem sozialverträglich gestaltet worden. Die Kosten für die Betreuung werden aufgrund des steuerbaren Einkommens und Vermögens berechnet. 

«Man muss vom Vorurteil wegkommen, dass nur gut verdienende Paare ihre Kinder in Tagesstätten betreuen lassen, damit sie ihrem Beruf nachgehen können», sagt der Gemeindepräsident. «Es gibt Familien, die schlichtweg auf zwei Einkommen angewiesen sind. Ein weiteres Beispiel sind Alleinerziehende, die ohne Arbeit auf Sozialhilfe angewiesen wären. Einer Arbeit können sie aber nur nachgehen, wenn sie ihre Kinder während ihrer Arbeitszeit gut versorgt wissen.»In Erlen ist man das Projekt «Familien­ergänzende Betreuung» professionell angegangen, hat eine Kommission gegründet sowie ein renommiertes Meinungsforschungsinstitut mit einer Umfrage in der Bevölkerung beauftragt. Nach einem ausgewiesenen Bedarf nach der Auswertung der Umfrage und vorwiegend positiven Rückmeldungen an Informationsanlässen hat eine Arbeitsgruppe unter Beizug einer externen Fachperson das Konzept erarbeitet. 

Stimmbürger entscheiden

Das Projekt erhält mit einem Ja der Stimmbürger zu den jährlich wiederkehrenden Kosten grünes Licht. Für die erste Phase mit einem Angebot für Kinder im Schulalter veranschlagt die Gemeinde 52 000 Franken und die Schule 75 000 Franken. Gemäss Planung wird die erste Phase bis ins Jahr 2020 dauern. In einer zweiten Phase soll das Angebot auf Kinder im Vorschulalter ausgeweitet werden. Die Gemeinde rechnet dann mit jährlichen Kosten von rund 177 000 Franken und die Schule mit 112 000 Franken. «Diesen Zahlen liegt eine möglichst genaue Vollkostenrechnung zugrunde», sagt Roman Brülisauer, «wir rechnen damit, dass die Kosten langfristig eher tiefer liegen werden.» 

Hannelore Bruderer