Freitag, 12. Januar 2024

Hohentannen. Das Restaurant Hirschen braucht einen neuen Wirt. Lukë Prenrecaj hat die Kündigung eingereicht. Sein Vertrag mit der Gemeinde läuft Ende dieses Jahres aus.

Die Gerüchte über ein bevorstehendes Ende des gastronomischen Engagements von Lukë Prenrecaj im Restaurant Hirschen kursierten seit einigen Wochen. Sie hielten sich hartnäckig und beschäftigten aufgrund des hohen Stellenwerts des Gasthauses für Hohentannen auch die Be­völkerung. Gegenüber dem «Neuen Anzeiger» bestätigt Prenrecaj nun seinen bevorstehenden Abschied vom «Hirschen», der im Besitz der politischen Gemeinde ist. 

Weg von der Gastronomie

Auf die Gründe für seine Entscheidung will Prenrecaj nicht näher eingehen. Nur so viel: «Wir haben das Heu nicht auf der gleichen Bühne.» Er wolle sich mit dem Gemeinderat keine Schlammschlacht liefern. Der Vertrag mit der Gemeinde gelte bis Ende 2024, sagt der Wirt. Sein Ziel sei es aber, im «Hirschen» schon früher aufzuhören, betont Prenrecaj, der nach dem Abschied aus Hohentannen eine Berufslaufbahn ausserhalb der Gastronomie anstrebt. In seiner Stimme schwingen Frustration und Wehmut mit. Liegt auf dem «Hirschen» ein Fluch? Vergegenwärtigt man sich die jüngere Geschichte des Restaurants, das in einem 200 Jahre alten Riegelbau untergebracht ist und seit 1992 der Gemeinde gehört, könnte man das fast meinen. Nicht weniger als fünf Lösungen hat es in den letzten 32 Jahren für die Wirte- beziehungsweise Pächterfunktion gegeben. Auf Anita Wartmann, die 16 Jahre Gastgeberin im «Hirschen» war, folgten Wirte, die bei Weitem nicht dieses Beharrungsvermögen hatten. Das Duo Jürg Manser / Daniel Jimenez wirtete gerade mal neun Monate, Jens Renn immerhin vier Jahre und das Ehepaar Arthur und Helena Beck brachte es auf rund zwei Jahre. Was folgte, war eine frustrierende vierjährige Vakanz, die im August 2021 von Lukë Prenrecaj beendet wurde. Er wechselte damals vom «Landhaus» in Niederuzwil in den «Hirschen» in Hohentannen.

Viel Vorschusslorbeeren

Die Erwartungen auf Seiten des Gemeinderats waren gross, die Hoffnungen bei den Einwohnern nicht minder. Prenrecaj wollte den «Hirschen» zu einem familienfreundlichen Ausflugs- und Event-lokal machen, ohne dabei den Charakter des Hauses als Treffpunkt für die einheimische Bevölkerung preiszugeben. Auf Basis dieser Zielsetzung war der Vertrag zwischen ihm und der Gemeinde abgeschlossen worden. Gemeindepräsident Lukas Hoffmann hielt grosse Stücke auf den damals 37-Jährigen, dem er Fachwissen, Ausdauer und Geduld bescheinigte. Prenrecaj schien in Anbetracht seiner beruflichen Vita mit Stationen in renommierten Häusern der langersehnte Glücksgriff zu sein. Ein Trugschluss! Es sollte ganz anders kommen.

Hohe Preise, weniger Gäste

Hat sich Lukas Hoffmann also geirrt? «Nein, mit meiner Einschätzung der gastronomischen Kompetenz lag ich richtig, doch Herr Prenrecaj hat sich verändert. Er hat sich meiner Meinung nach in die falsche Richtung entwickelt», erklärt der Gemeindepräsident. Der Wirt habe den Pfad, der bei Vertragsabschluss vereinbart worden sei, verlassen. Die ersten eineinhalb Jahre seien zur Freude des Gemeinderates und der Bevölkerung überaus erfolgreich gewesen, betont Hoffmann. Der «Hirschen» habe sich weit über die Gemeindegrenzen hinaus eines grossen Zuspruchs erfreut. Das habe sich schlagartig geändert, als Prenrecaj glaubte, eine anders geartete Preispolitik verfolgen zu müssen. Der massive Preisanstieg hatte laut Hoffmann einen eklatanten Rückgang der Gästezahlen zur Folge. Der Gemeinderat habe die Thematik mit Prenrecaj erörtert und den eigenen Unmut über diese Änderung und die daraus resultierenden Folgen kundgetan, sei beim «Hirschen»-Wirt jedoch auf taube Ohren gestossen, sagt Hoffmann. «Ich habe Herrn Prenrecaj prophezeit, was geschehen wird, und so ist es auch gekommen.» Dem Anspruch, ein familienfreundliches Gasthaus zu sein, habe der «Hirschen» nach der Kurskorrektur auf der Preisliste nicht mehr gerecht werden können, stellt der Gemeindepräsident mit Bedauern fest. Für die Marke «Hirschen» und somit auch für Hohentannen habe sich zusehends ein Imageschaden abgezeichnet, wie Reaktionen auch jenseits der Gemeindegrenzen gezeigt hätten. «Einen so rasanten Absturz eines Restaurants habe ich noch nie erlebt», gibt Hoffmann, der über eine mehrjährige berufliche Erfahrung in der Gastronomie verfügt, zu bedenken.

Potential vorhanden

Steht man in Hohentannen also wieder vor einem Scherbenhaufen? Man sei bemüht, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden, versichert der Gemeindepräsident im Hinblick auf den auslaufenden Vertrag. Man wolle Lukë Prenrecaj weder schikanieren noch ihm in irgendeiner Weise schaden. «Wir sind gesprächsbereit. Das muss aber auch Herr Prenrecaj sein.» Hoffmann ist überzeugt, dass der «Hirschen» ein rentables Restaurant sein kann – freilich unter der Voraussetzung, dass bei der Geschäftsführung auch fundierte kaufmännische Kenntnisse zur Anwendung kommen. Der Gemeinderat habe bewusst nicht in operative Belange eingegriffen, sondern dem Wirt weitgehende unternehmerische Freiheiten zugestanden. Der Gemeinderat sei von der aktuellen Entwicklung zwar enttäuscht, aber nicht in Panik und glaube weiterhin an das Potenzial der Gaststätte. Die Veräusserung des «Hirschen» sei denn auch kein Thema. «Das Restaurant bleibt im Besitz der Gemeinde», erklärt Hoffmann. Mit der Nachfolgefrage werde sich der Gemeinderat befassen, sobald die Zusammenarbeit mit Lukë Prenrecaj beendet ist. 

Georg Stelzner