Freitag, 29. Mai 2020

Sulgen. Als Familie erhalten Curdin und Sibylle Janett mit ihren Kindern Madlaina, Cristina und Niculin den Thurgauer Kulturpreis 2020. Die Freude am Musizieren haben sie von ihren Vorfahren übernommen.  

Es ist nicht die erste Auszeichnung, die Sie oder Ihre Familienmitglieder erhalten. Welchen Stellenwert hat der Thurgauer Kulturpreis 2020? 

Curdin Janett: Wir sind seit 1982 im Thurgau zu Hause und freuen uns sehr, dass wir zum kulturellen Geschehen im Kanton beitragen können. Diese kantonale Auszeichnung bedeutet uns ebenso viel wie die nationale, die wir im letzten Jahr mit der Formation «Ils Fränzlis da Tschlin» in Form des Schweizer Musikpreises entgegennehmen durften. 

Ihr seid nicht als Einzelkünstler oder Musikformation, sondern als Familie ausgezeichnet worden. Wie speziell ist das für euch? 

Curdin Janett: Es ist eine besondere Freude, zeigt es doch auch, dass wir als Familie gut funktionieren. Das ist etwas, das man nicht erzwingen kann und nicht selbstverständlich ist. Wir haben den Preis zwar als Familie erhalten, ich möchte aber unbedingt auch Barbara Gisler erwähnen, die Teil unserer Formation «Cest si B.O.N.» ist. Sie macht mit uns schon viele Jahre Musik und gehört musikalisch so gut wie zur Familie. Nicht mit uns auf der Bühne steht meine Frau Sibylle. Ihr grosses Verdienst ist jedoch, dass sie schon früh mit unseren Kindern gesungen hat. Damit und durch die zahlreichen von ihr mitgestalteten Musikprojekte an der Schule hat Sibylle bei unseren und vielen anderen Kindern die Freude an der Musik geweckt. 

Was bedeutet es für Sie ganz persönlich, dass Sie mit Ihrer Familie musizieren können? 

Curdin Janett: Wenn wir gemeinsam proben und auftreten, spielen alle gerne mit. Das freut mich enorm. Es ist aber nicht so, dass wir immer musizieren, wenn wir zusammenkommen. Treffen wir uns in meinem Elternhaus in Tschlin zu Sommer- oder Weihnachtsferien, ist uns ein gemeinsames gutes Essen wichtiger als die Musik. 

Im Moment sind alle Konzerte auf Eis gelegt. Wie fest vermissen Sie die Live-Auftritte?

Curdin Janett: Wir haben die Zeit gut überstanden, vermissen die Auftritte aber schon. Als Zeitvertreib haben wir elektronisch Aufnahmen ausgetauscht, so nach dem Motto «Ich spiele etwas und dann machst du weiter». Für eine Veröffentlichung ist das unbrauchbar, für uns war es aber recht interessant. 

Wie haben Sie selber zur Musik gefunden? 

Curdin Janett: In unserer Familie wurde immer schon musiziert. Unser Grossvater war Lehrer in Tschlin und leitete die Blasmusik und den Chor im Dorf. Unser Vater spielte in der Dorfmusik mit und leitete die Blasmusik von Samnaun. Mit unserer Mutter haben wir sechs Brüder viel gesungen. Wir hatten eine Beiz und spielten im Säli bei den Dorfanlässen zum Tanz auf. 

Dann war es für Sie immer klar, dass Sie Musik zu Ihrem Beruf machen?

Curdin Janett: Zuerst nicht, das war mir zu unsicher. Also studierte ich an der ETH Maschineningenieur, merkte aber bereits während des Studiums, dass dies nicht das Richtige für mich ist. Erst nachdem ich das Diplom in der Tasche hatte, getraute ich mich, ein Musikstudium zu machen. Der Entscheid war richtig, ich hatte immer genug Arbeit, wobei mir zugute kam, dass ich ein Allroundmusiker bin und mich nicht auf eine bestimmte Richtung festgelegt habe. Diese musikalische Vielfältigkeit hat auch auf unsere Kinder abgefärbt. 

Haben Ihre drei Kinder immer ohne Murren gerne Musik eingeübt?

Curdin Janett: Bei uns sind immer viele Musikinstrumente herumgestanden. Wollten die Kinder diese ausprobieren, haben wir sie ermuntert. Eingestiegen in die Musik sind sie mit dem Flötenunterricht. Von sich aus haben nicht alle gleich fleissig geübt, entsprechend unterschiedlich mussten sie motiviert werden. Die meisten Kinder brauchen Erwachsene, die ihnen beim Erlernen eines Instruments den Anstoss zum Weiterüben geben. Wichtig ist, dass man das richtige Mass dafür findet. 

Sie sind das Familienoberhaupt. Entscheiden Sie, welche Musik gespielt wird? 

Curdin Janett: Früher war das so. Da hatte ich alle Lieder ausgesucht und neue Arrangements geschrieben. Jetzt kommen von allen eigene Stücke. Madlaina ist für alles Organisatorische zuständig. Als Team funktionieren wir gut. Wir sind positiv eingestellt und jeder darf offen sagen, wenn ihm etwas nicht gefällt. 

Welches sind die nächsten Projekte? 

Curdin Janett: Vorgesehen war, dass wir die neue CD von «Ils Fränzlis da Tschlin» Mitte Juni in Weinfelden vorstellen. Das mussten wir leider absagen. Die CD wird jedoch erscheinen. Vorstellen werden wir sie mit einem Video, in dem alle zu sehen sind, wie sie zu Hause spielen. Das Nachfolgeprojekt zu «Grüss mir Lugano», das ebenfalls auf dieses Jahr geplant war, haben wir auf nächstes Jahr verschoben.

Interview: Hannelore Bruderer