Freitag, 13. Juli 2018

Erlen. Mit der Einführung von familienergänzenden Tagesstrukturen wollen Schule und Gemeinde Erlen die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit fördern. Ein entsprechendes Konzept wird den Einwohnern nach den Sommerferien an einem Informationsanlass vorgestellt. 

Bereits vor acht Jahren haben die Schulbehörde und der Gemeinderat von Erlen an einem gemeinsamen Workshop die Prüfung von familienergänzenden Tagesstrukturen als vorrangig beschlossen. 2016 starteten sie über ein unabhängiges Institut eine Bevölkerungsumfrage und vor rund einem Jahr legten sie der Bevölkerung die Ergebnisse der Umfrage vor. «Rund 40 Prozent der Umfragebögen sind ausgefüllt zurückgekommen, mit dem Resultat, dass ein Bedarf an familienergänzenden Tagesstrukturen vorhanden ist», sagt Gemeindepräsident Roman Brülisauer. Nach dem Informationsanlass wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um ein Konzept auszuarbeiten. 

Stimmbürger entscheiden

Die Arbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Schul- und Gemeindebehörde, des Vereins Spielgruppe und des Elternrates, ist bei ihrer Tätigkeit von einer erfahrenen, externen Beraterin unterstützt worden. Informationen aus erster Hand hat sich die Arbeitsgruppe zudem während eines Workshops in den Gemeinden Amriswil und Münsterlingen geholt, die ähnliche Projekte schon umgesetzt haben. Das erarbeitete Konzept wird den Erler Einwohnern anlässlich eines Informationsanlasses am 16. August präsentiert. Über eine Einführung entscheiden die Stimmbürger an den Gemeindeversammlungen der Schule und Gemeinde vom 29. November 2018. Die Schule Erlen und die Politische ­Gemeinde arbeiten bei diesem Projekt erneut eng zusammenarbeiten. Da die gesellschaftliche Entwicklung beide Bereiche betreffe und beide Bereiche von einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf profitieren würden, sei dies naheliegend, sagen Schulpräsident Heinz Leuenberger und Gemeindepräsident Roman Brülisauer. 

Standort wird aufgewertet

Im Konzept wird denn auch der Nutzen einer solchen Einrichtung aufgezeigt – für Kinder, Eltern, die Wirtschaft und die Gesellschaft. So erhalten Kinder auch ausserhalb der Familie klare Strukturen in einem kindergerechten Umfeld. Eltern können ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen und wissen ihre Kinder in guter Obhut. Als Vorteil für Unternehmen wird beispielsweise genannt, dass es gut ausgebildeten Familienfrauen durch dieses Angebot leichter fällt, ihren Berufen nachzugehen. Durch die Schaffung von familienergänzenden Tagesstrukturen rechnen Schule und Gemeinde mit einem Standortvorteil, der langfristig der ganzen Gesellschaft zugute kommt. Das Konzept sieht für das neue Angebot Öffnungszeiten von 7 bis 18 Uhr vor, die in verschiedenen Modulen gebucht werden können. Diese sollen auch während acht der zwölf Schulferienwochen gelten. Geplant ist, dass das Angebot in einer ersten Etappe ab 2019 nur für Schulkinder zugänglich ist, ab Sommer 2022 soll auch ein Betreuungsangebot für Kinder ab vier Monaten geschaffen werden. Mit ein Grund für die etappenweise Einführung der Angebote sind die noch fehlenden Räumlichkeiten. Während der Einführungszeit kann auf Räumlichkeiten in der Firma Signer zurückgegriffen werden, ideal wäre laut Konzept aber ein Neubau auf den Schulareal. 

Platzbedarf ausgewiesen

«Durch die steigenden Schülerzahlen benötigt die Schule Erlen sowieso zusätzlichen Raum», sagt Schulpräsident Heinz Leuenberger. «Die alte Turnhalle ist schon länger sanierungsbedürftig. Unser neuer Raumbedarf und jener der Tagesstrukturen sollen nun in die Planung eines Umbaus oder Neubaus einfliessen. Um aus verschiedenen Ideen die beste Variante zu finden, möchten wir ­einen Architektenwettbewerb durchführen.»  Bei der Organisation soll das familienergänzende Strukturangebot auf dem bereits bestehenden Mittagstisch aufbauen. Der Verein Mittagstisch soll erhalten und entsprechend umbenannt und ausgebaut werden. «In Erlen wird ein qualitativ hochstehender Mittagstisch geführt, der auch schon ausgezeichnet worden ist», sagt Roman Brülisauer. «Diesen hohen Standard möchten wir auf alle Bereiche des neuen Angebotes ausweiten. Dazu gehört das entsprechende Fach­personal mit pädagogischer Ausbildung sowie eine angemessene Infrastruktur. Beides ist nicht zum Nulltarif zu haben.»

Beim Kostenteiler hätten sie sich schnell gefunden, erklären Schul- und Gemeindepräsident. Die Schule wird die Infrastruktur mietfrei zur Verfügung stellen. Dafür sind für die Übergangsphase jährliche Kosten von 75 000 Franken und ab 2022 für den Vollbetrieb 112 000 Franken veranschlagt. Die Gemeinde übernimmt die Betriebskosten, wofür sie bis 2021 mit rund 51 000 Franken im Jahr rechnet, danach mit 176 57o Franken. Knapp die Hälfte der Gesamtkosten werden voraussichtlich die Eltern tragen, die das Angebot nutzen. Mit Beiträgen, die sich nach dem steuerbaren Einkommen richten, wird das Angebot sozialverträglich ausgestaltet.

Hannelore Bruderer