Freitag, 7. Januar 2017

Erlen. Der Vortrag «Nervenprobe Pubertät» vom Dienstagabend stiess bei den Erler Eltern auf reges Interesse. Die Ausführungen von Referent Henri Guttmann sorgten für viele Lacher und Verständnis für die Jugendlichen.

Unsicherheit, Angst, rebellieren, Menstruation, Ohnmacht und Trauer sind nur einige Worte, die die Besucher des Vortrags «Nervenprobe Pubertät» auf kleine Zettel geschrieben haben, nachdem Referent Henri Guttmann sie dazu aufgefordert hatte, mit einem Wort die eigene ­Pubertät zu beschreiben. Erstaunlicherweise waren es nahezu dieselben Begriffe, die in einer zweiten Frage die Gefühle der Eltern zu ihren pubertierenden Kindern beschrieben.
Wahrscheinlich waren es auch die ­Worte, die die rund hundert Eltern im Umgang mit ihren Kindern beschäftigen und dazu anregten, den Vortag des Winterthurer Psychologen, Paar-, Familien- und Sexualtherapeuten im Singsaal im Backsteinschulhaus der Schule Erlen zu besuchen.

Aus eigener Erfahrung
Während kurzweiligen neunzig Minuten gewährte Henri Guttmann einen Einblick in seine Praxis oder sein Familienleben, das er als verwitweter, alleinerziehender Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Töchtern bewältigte. Mit seinen humorvollen Ausführungen traf er vollends den Nerv der Zuhörer. «Bei uns ist das genau so, das kennen wir», war öfters aus den Reihen zu vernehmen. Die Gewissheit, dass die Turbulenzen, die während der Pubertät auftreten, völlig normal sind, beruhigte die Eltern enorm. Um die stürmische Zeit schadlos zu überstehen, rüstete der Referent die Eltern mit dem PÜK – einem Pubertätsüberlebenskoffer für Eltern – aus. «Pubertierende brauchen glaubwürdige Eltern. Regeln sind wichtig und Konsequenzen müssen transparent dargelegt werden», erklärte Henri Guttmann. Nach Auseinandersetzungen empfiehlt der Fachmann, die Emotionen abkühlen zu lassen und erst dann das Gespräch zu suchen. Pubertät bedeutet die Ablösung von den Eltern und verhindert, dass sich der Sohn nicht in die Mutter oder die Tochter nicht in den Vater verliebt, was die Ausrottung der menschlichen Gattung zur Folge hätte. «Wenn ihr Sohn ­also frech zu Ihnen ist, leistet er seinen Beitrag ans Überleben der Menschheit», sagte Henri Guttmann lachend.

Grundlage ist die Liebe
Eigenverantwortung fördern und Eigenleistung fordern gehört laut Henri Guttmann genauso zum Leistungskatalog von Eltern wie das Nutzen der seltenen «Beziehungsfenster». «Pubertierende Kinder sind wie Muscheln. Sie öffnen sich nur kurz, wenn diese Gelegenheit zum Gespräch verpasst wird, schliesst sie sich für immer», stellte er fest. Zum Schluss legte Henri Guttmann den Eltern ans Herz, sich Paar-Inseln zu schaffen. «Verbringen Sie pro Jahr eine Woche Ferien alleine, gehen Sie alle zwei Wochen einen Abend aus und reden Sie jeden Tag 14 Minuten miteinander», forderte er auf. «Nur sich liebende Eltern ergeben glückliche Kinder. Sehr wenige Kinder nehmen Schaden, wenn die Eltern glücklich sind», gab er gewohnt ­humorvoll zu bedenken.

Monika Wick