Freitag, 17. Juni 2022

Schönenberg. Am Dienstag feierte der Kradolfer Walter Reich seinen 100. Geburtstag. Der rüstige Senior blickt auf ein bewegtes Leben zurück.

Am Dienstagvormittag ertönte hinter dem Restaurant «Zur Brücke» in Schönenberg ein herzhaftes «Happy Birthday». Der Gesang der Restaurantbesucher galt dem Kradolfer Walter Reich, der an diesem sonnigen Tag seinen 100. Geburtstag feierte. Diesen besonderen Festtag nahmen Gemeindepräsident Heinz Keller und Gemeindeschreiber Jörg Fässler zum Anlass, den Jubilar in sein Stammlokal zum Mittagessen einzuladen. Im Gepäck hatten sie einen Blumenstrauss und Glückwünsche. 

Manchmal lotterts
Walter Reich erfreut sich bester Gesundheit. «Dei und dött lotterets aber fängs e chli», erklärte er, begleitet von einem herzhaften Lachen. Der Jubilar wohnt immer noch im Haus an der Ruhberg­strasse, in dem er aufgewachsen ist. Zusammen mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau Margrit, mit der er sechzig Jahre verheiratet war, zog er einen Sohn und eine Tochter gross. Seine Kinder, die selber schon um die siebzig Jahre alt sind, unterstützen Walter Reich im Alltag. «Zmorge und Znacht mache ich noch selber. Zum Mittagessen gehe ich immer ins ‹Brüggli›, am Montag ins ‹Zentrum›», erklärt er. Den Weg zum Restaurant bewältigt er mit seinem E-Bike oder dem Töffli.
Seit 1987 ist Walter Reich in Pension. Zuvor arbeitete er als Elektromonteur bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik, bei Sulzer oder der Swissair. «Die Arbeit bei der Swissair war aber etwas langweilig», sagte er. Dank seiner Arbeit bei der Fluggesellschaft war es ihm und seiner Familie aber vergönnt, kostenlos zu reisen. «Wir waren schon in Alaska, Südamerika oder den Malediven», erinnert sich Walter Reich.
Als junger Mann erlebte er auch düstere Zeiten. Gleich nach der Rekrutenschule, die er als Fliegerfunker absolvierte, wurde er während des zweiten Weltkrieges in den Aktivdienst eingezogen. «Während der Zeit war ich in Thun, Payerne, Meiringen und weiteren Orten mit Flugplätzen eingeteilt», erzählte er.
Besonders gerne erinnert sich Walter Reich an seine Schulzeit, die er in Schönenberg verbrachte. Einmal habe ihn sein Lehrer vor die Türe gestellt, was ihn veranlasste, an die Thur spielen zu gehen. Damals überspannte noch eine andere Brücke den Fluss. «Ich kenne drei verschiedene Brücken. Über die erste hat mich meine Mutter noch im Kinderwagen geschoben», sagte er. Im Laufe seines Lebens hat sich Walter Reich immer an den Vorsatz «Sei nicht immer der Erste, aber auch nicht der Letzte» gehalten. «Ich wollte nie auffallen», erklärte er. 

Gesund aufstehen
Auf die Frage, was sich am meisten verändert hat, antwortete Walter Reich: «Die Hektik! Es ist alles viel hektischer geworden.» Früher war der Jubilar aktives Mitglied in der Männerriege und im Männerchor. Heute engagiert er sich bei den Supportern des FC Kradolf-Schönenberg-Sulgen und der Jungschützen. «Ich habe selber viel Unterstützung erfahren und nun will ich etwas zurückgeben», sagte er. Trotz seines hohen Alters verfügt Walter Reich über eine gehörige Portion Humor, Schalk und Charme, mit der er seine Gesprächspartner in seinen Bann zu ziehen vermag. Seine Wünsche für die Zukunft sind bescheiden: «Ich möchte jeden Tag gesund aufstehen können.» 

Monika Wick