Freitag, 1. Juni 2018

Bürglen. Die Alterskommission Bürglen bietet interessierten Einwohnern in diesem Jahr eine Vortragstrilogie zum Thema
Menschen mit Demenz an. Im zweiten Teil lag der Fokus auf den Personen im Umfeld von Demenzkranken. 

Claudia Brüllhardt-Beerli begann ihren Vortrag unter dem Titel «Begleitung von Menschen mit Demenz» mit der Maslowschen Bedürfnispyramide. Von der Basis, den physiologischen Bedürfnissen wie Essen oder Schlafen, verjüngt sich die Pyramide über Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse, Individualbedürfnisse bis hin zur Spitze mit der Selbstverwirklichung. «Diese Bedürfnisse hören mit der Diagonose Demenz nicht auf zu existieren. Der Unterschied zu Gesunden besteht darin, dass Demenzpatienten oft nur nicht mehr in der Lage sind zu artikulieren, was sie tun wollen und wie sie es wollen», hielt die Gerontologin und Vorstandsfrau von Alzheimer Thurgau fest. 

Respekt verdient

«Mit der Erkrankung sind Unsicherheit und Gefühle des Verlorenseins verbunden», erläuterte sie. «Die grösste Angst von an Demenz Erkrankten ist, dass sie von ihrem Umfeld nicht mehr als wertvolle, vollständige Menschen wahrgenommen werden könnten. Diese Menschen haben in ihrem Leben viel geleistet, das verdient unseren Respekt.» Die Fachfrau rät, Menschen mit Demenz in Alltagstätigkeiten einzubinden und sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen – angepasst an ihre Möglichkeiten. Wichtig sei auch, ihnen echte Aufmerksamkeit zu schenken. Studien belegen, dass das emotionale Gedächtnis bei Menschen mit Demenz sehr ausgeprägt ist. Das bedeutet, dass sie in der Lage sind, nonverbale Kommunikation, also Gestik und Mimik, gut zu interpretieren. Deshalb vereinfache Empathie, die Fähigkeit sich in andere hineinzufühlen, den Umgang mit Demenzpatienten. Ebenso hilfreich sei es, beim Gespräch Augenkontakt zu halten, erklärte Claudia Brüllhardt-Beerli. «Menschen mit Demenz haben auch ein Recht auf Selbstbestimmung. Angehörige und Personen in ihrem Umfeld sollten sie darin unterstützen, auch wenn die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit nicht immer einfach zu finden ist.» 

Allgegenwärtiges Thema

Bei rund 5000 diagnostizierten Erkrankten im Kanton Thurgau und 150 000 ­Erkrankten in der Schweiz ist die Wahrscheinlichkeit gross, im Alltag Menschen mit Demenz zu begegnen. «Nehmen Sie sich Zeit, bleiben Sie ruhig, ­widersprechen Sie nicht, sondern holen sie den Menschen in seiner Gedankenwelt ab – da die Gegenwart nicht mehr so präsent ist, sind das meist Themen aus der Vergangenheit», gab die Referentin den Anwesenden mit auf den Weg. 

Hannelore Bruderer