Freitag, 18. März 2022

Schönenberg. Ein neues Angebot der Gemeinde Kradolf-Schönenberg soll Kindern fremdsprachiger Eltern den Zugang zur deutschen Sprache erleichtern. Die Rolle der Sprachvermittler übernehmen Privatpersonen aus der Gemeinde.

Sonja Gysel leitet die Sozialen Dienste in der Gemeinde Kradolf-Schönenberg. An sie werden ganz unterschiedliche Anliegen herangetragen. Im letzten Jahr kam die Frage auf, wie dem Kind einer Migrantenfamilie dabei geholfen werden kann, seine sprachlichen Defizite zu beheben, um ihm, gerüstet mit besseren Deutschkenntnissen, den Schuleintritt zu erleichtern. 

Spielen, basteln, sprechen

Sonja Gysel suchte das Gespräch mit Gemeinderätin Uschi Kessler, die für das Ressort Soziales und Gesundheit zuständig ist. «Wir überlegten, wie wir Mädchen und Buben im Kindergartenalter eine unkomplizierte Hilfeleistung anbieten können, die bereits bestehende Angebote ergänzt, ohne diese zu konkurrenzieren», erklärt Sonja Gysel. So entstand die Idee, dass Privatpersonen aus der Gemeinde einmal pro Woche eine bis zwei Stunden mit einem fremdsprachigen Kind verbringen, mit ihm spielen, basteln und dabei deutsch mit ihnen sprechen. «Für dieses Vorhaben kontaktierten wir auch die Schulleitung und stiessen dort auf offene Ohren», sagt die Leiterin der Sozialen Dienste. «Durch die Zusammenarbeit mit der Schule und deren Vermittlung konnten drei weitere Kinder Privatpersonen zugeteilt werden, die sich auf unseren Aufruf im Gemeindeblatt gemeldet hatten. Aus den Rückmeldungen der Kindergartenlehrpersonen wissen wir, dass die Eltern gegenüber unserem neuen Angebot sehr aufgeschlossen sind.» 

Einfach und doch geregelt

Das Angebot sei unkompliziert, beruhe auf einer Vertrauensbasis und komme ohne grossen Verwaltungsapparat aus, sagt Gemeinderätin Uschi Kessler. «Vor einigen Jahren, als die Kinder einer Flüchtlingsfamilie Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache benötigten, hatten wir das schon einmal ähnlich gehandhabt», erinnert sie sich. Obwohl niederschwellig, hat dieses Angebot aus Gründen der Sicherheit für alle Beteiligten feste Regeln. «Wir führen mit den Personen, die sich für einen solchen Einsatz interessieren, ein Gespräch, in dem die Anforderungen und Ziele besprochen werden», sagt Sonja Gysel. Kommt eine Vermittlung zustande, wird eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Eltern und den Sprachvermittlern aufgesetzt. Erwünscht ist, dass das Treffen mit dem Kind in der Wohnung der Eltern und in ihrem Beisein stattfindet. Ist dies nicht möglich, kann auf Räume der Schule oder der Gemeinde ausgewichen werden. Das niederschwellige Angebot sollen sich alle Eltern leisten können, deshalb ist es ihnen überlassen, wie viel sie dafür bezahlen können oder wollen. Empfohlen wird eine Entschädigung von zehn Franken pro Stunde. 

Positive Rückmeldungen

«Die Startphase ist gut angelaufen, auch wenn sich der Erfolg des Spracherwerbs nicht wirklich messen lässt», sagt Gemeinderätin Kessler. «Bis jetzt haben wir von beiden Seiten, den Migranten­familien und den sprachvermittelnden Personen, nur positive Rückmeldungen erhalten.» Da noch mehr Bedarf vorhanden ist und bereits eine Warteliste besteht, soll das Angebot ausgebaut werden. Die Gemeinde sucht deshalb nach weiteren Einwohnern und Einwohnerinnen, die sich einen solchen Einsatz vorstellen können. Interessierten gibt Sonja Gysel Auskunft. «Dieses im letzten halben Jahr geschaffene Angebot ist in der Gemeinde Kradolf-Schönenberg mit ihrem Ausländeranteil von rund 25 Prozent gelebte Integration», sagt Gemeindepräsident Heinz Keller. 

Hannelore Bruderer