Freitag, 5. April 2019

Donzhausen. Das Team der «Freak-farm» hat sich auf die Fahne geschrieben, auf einem 3,5 Hektar grossen Landstück ein Permakultur-Projekt umzusetzen. Dazu soll auch der Tobelbach wieder freigelegt werden.

Am östlichen Dorfrand von Donzhausen steht ein heimeliges Bauernhaus. Dahinter, da wo einst eine Scheune stand, hat Remo Zingg ein Haus für sich und seine ­Familie gebaut. Während sich in einem Gehege ein paar Hasen von der Sonne ihr Fell aufwärmen lassen, schnattert in «Entenhausen» das Federvieh. Alles in allem ist alles so, wie man sich das Landleben vorstellt. Stutzig werden lässt einzig der Name «Freakfarm», der auf den ersten Blick nicht zur ländlichen Idylle zu passen scheint. «Hinter vorgehaltener Hand wurden wir als Freaks bezeichnet», erklärt Remo Zingg. «Das fanden wir witzig und haben den Hof ‹Freakfarm› genannt», fügt er lachend hinzu. Den zweifelhaften Ruf erlangten Remo Zingg, seine Frau Anja sowie weitere acht Mitstreiter mit der Idee, auf einem 3,5 Hektar grossen Landstück ein Permakultur-Projekt umzusetzen, welches auch zum Ziel hat aufzuzeigen, dass auch kleine Betriebe funktionieren können.

Kinder öffnen Augen
«Durch die Geburt der Kinder habe ich mich vermehrt mit dem Thema Nahrung auseinandergesetzt. Erschreckende Erkenntnisse haben dazu geführt, dass ich fortan wissen will, woher ein Lebensmittel stammt und wie es hergestellt wird», sagt der 5-fache Vater. Zudem haben ihn die aktuelle Agrarpolitik, die Macht der verarbeitenden Konzerne, aber auch der Schutz von Mensch und Natur schlussendlich dazu bewogen, selber aktiv in die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen einzusteigen. «Dabei möchten wir uns nicht neu erfinden, sondern setzen unseren Fokus bewusst auf altes Wissen sowie alte und ­resistente Sorten», erklärt er. Die Permakulturlehre ist ein ganzheitlicher, geschlossener Kreislauf, in dem Mensch, Tier und Pflanze im Einklang harmonieren. Im Weiteren soll das Projekt langfristig den Beweis erbringen, dass eine naturnahe Landwirtschaft ohne Chemie und Genetik für alle Beteiligten zu gesundheitlichem, aber auch finanziellem Erfolg führt. Bis es aber soweit ist, liegt noch ein langer Weg vor Remo Zingg und seinen Weggefährten. «Alle gehen bisher ihren angestammten Berufen nach und opfern einen Grossteil ihrer Freizeit für das Projekt», sagt Remo Zingg. Für den 39-Jährigen ist die Landwirtschaft Neuland, denn der elterliche Milchviehbetrieb, der heute die «Freakfarm» beheimatet, wurde stillgelegt, als Remo Zingg vier Jahre alt war. Nach seiner Ausbildung zum Vermessungszeichner und Weiterbildungen zum Finanzberater hat er sich dazu entschlossen, anstelle von Versicherungen Früchte und Gemüse aus eigener Produktion zu verkaufen. «Seither sind drei B’s meine stetigen Begleiter. Ich werde belächelt, bekämpft und immer öfters auch bewundert», sagt er. 

Aus dem Dorf, für das Dorf
Mit ihrem Sortiment will sich die «Freak­farm» von demjenigen von Detailhändlern abheben und lediglich saisonale und regionale Produkte anbieten. Dennoch brauchen Kunden auf fast nichts zu verzichten. Die Liste der angebotenen Früchte, Gemüse und Salate ist schier endlos. «Dabei handelt es sich ausschliesslich um alte und spezielle Sorten, die genetisch nicht verändert wurden», erklärt Remo Zingg. Bereits beliefert die «Freakfarm» rund zehn Stammkunden mit ihrem Sortiment. Passend zum Umweltgedanken beliefert das Team lediglich Kunden auf Sulger Gemeindegebiet. «Wir dürfen die Augen nicht verschliessen vor den ökologischen Problemen, auf die wir zusteuern», sagt Remo Zingg. 

Grosse Visionen
Für die Umsetzung des Projekts will sich das Team der «Freakfarm» fünf Jahre Zeit geben. «Wir haben schliesslich bei Null angefangen und hatten keine bestehende Infrastruktur», stellt Remo Zingg fest. Zudem setzt er momentan alles daran, ein Netzwerk aufzubauen. Um die Produkte der «Freakfarm» direkt zu vermarkten, plant er, in naher ­Zukunft einen Hofladen zu eröffnen und eine Gelegenheitswirtschaft zu betreiben. Der Kontakt und der Dialog mit seinen Mitmenschen liegt Remo Zingg sehr am Herzen. Darum kann er sich gut vorstellen, dass die «Freakfarm» dereinst auch soziale Aufgaben übernehmen wird. «Ich möchte eines Tages sozial benachteiligten Menschen eine Wohn- und Arbeitsstätte bieten oder Schulkindern im grünen Klassenzimmer die Natur ­näherbringen», sagt er. Remo Zinggs aktuellstes Anliegen ist es aber, den Tobelbach, der unter seinem Grundstück hindurch fliesst, wieder freizulegen. Laut ihm ist der Bach für die Permakultur enorm wichtig, da er Lebensraum für Insekten und Kleintiere bietet, die der Schädlingsbekämpfung dienen. «Aufgrund des Widerstands eines Landbesitzers ist das Projekt aber am Stocken», bedauert der umtriebige Landwirt. 

Permakultur kurz erklärt
Die Permakultur ist ein Konzept, das auf die Schaffung von dauerhaft funktionierenden, nachhaltigen und naturnahen Kreisläufen setzt. Ursprünglich wurde sie für die Landwirtschaft entwickelt, inzwischen umfasst das Denkprinzip auch Bereiche wie Energieversorgung, Landschaftsplanung und die Gestaltung sozialer Infrastrukturen. Grundsätzlich ist die Permakultur ein ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften mit allen Ressourcen.

Monika Wick