Freitag, 18. Juni 2021

Kradolf. Am 24. Juli schliesst das Fachgeschäft «Blumenland» in Kradolf. 40 Jahre lang stand das Unternehmen für ideenreichen Blumenschmuck und Pflanzen aus lokaler Produktion.

Marlis Müller blättert im Fotoalbum. Mit Stolz zeigt sie, wie aus ihrem kleinen Blumenlädeli vor rund 40 Jahren das Blumenland im Dorfkern von Kradolf entstand. Es trifft sie und ihre Kinder hart, dass das Blumenland nun geschlossen wird, denn es hängen viele persönliche Erinnerungen daran. «Der Entscheid ist uns sehr schwer gefallen und es gab auch Tränen. Der Verstand sagt aber, dass wir das Richtige machen und dass es so stimmt.» 

Bescheidene Anfänge

1972 heiratete die gelernte Floristin aus Romanshorn den Gärtner Fritz Müller und zog zu ihm nach Kradolf. Im Kleinen begann sie bald darauf, Blumenschmuck zu verkaufen. Wie ihr kürzlich verstorbener Gatte ein leidenschaftlicher Gärtner gewesen sei, sei sie leidenschaftlich Floristin, sagt sie. «Mein Lädeli war bald zu klein. So schauten wir uns nach einer geeigneten Liegenschaft um, die wir 1981 an der Hauptstrasse in Kradolf fanden.» Nach ausführlichen Renovationsarbeiten, die zu einem grossen Teil unter Eigenregie ausgeführt wurden, entstand der neue, grosszügig gestaltete Blumenladen. «Weil wir den Namen Müller nicht in den Vordergrund stellen wollten, kam mein Mann Fritz auf die Idee, den Laden Blumenland zu taufen», blickt Marlis Müller zurück. «Eröffnung war am 16. November 1982. Während die ersten Kunden ins Geschäft kamen, war der Maler noch mit dem Pinsel am Eingang beschäftigt», lacht sie. Schnell ging es mit dem Geschäft aufwärts, nicht zuletzt, weil Marlis Müller sich auch immer Neues einfallen liess. Nebst drei Floristinnen und drei Auszubildenden beschäftigte sie auch Aushilfen, wenn es darum ging, grosse Aufträge auszuführen. Dass sie ihren Beruf und die Familie mit drei Kindern unter einen Hut bringen konnte, habe auch daran gelegen, dass sie immer auf ihre Mitarbeitenden zählen konnte, sagt sie. 2008 investierte das Unternehmen erneut, baute die Ladenfläche und das angegliederte Treibhaus aus, das für den Frühlingsverkauf und die Ausstellungen genutzt werden konnte. Im selben Jahr zog sich Marlis Müller als Geschäftsführerin zurück und übergab diese an Andrea Müller-Richner, die das Geschäft zehn Jahre leitete. 2018 übernahmen die Angestellten Judith Thalmann und Sonja Fitzi die Leitung. 

Veränderter Markt 

Dass die familiengeführte Hans Müller Gärtner AG ihr Geschäft nun aufgibt, hat verschiedene Gründe, so zum Beispiel der veränderte Markt. «Das Blumenland ist weit herum bekannt für sein grosses Angebot an Sommerflor. Ich habe viele Nächte mit dem Bepflanzen von Kistchen verbracht», sagt Marlis Müller. «Die Nachfrage danach ist jedoch schon seit Jahren rückläufig, der Geschmack und die Lebensweise haben sich gewandelt.» Es ist aber auch die wachsende Konkurrenz durch Grossverteiler und Gartencenter, die mit günstigen Importpflanzen den traditionellen Fachgeschäften mit ihren eigenen Produktionen das Wasser abgraben. Auch für Anlässe, an denen früher traditionell viel Blumenschmuck dazugehörte – wie etwa bei Hochzeiten oder Beerdigungen –, sind die Bedürfnisse nicht mehr die gleichen. Die Summe dieser Markteinflüsse bescherten dem Blumenland einen kontinuierlichen Umsatzrückgang. Zur wirtschaftlichen Situation kommt, dass es auch immer schwieriger wird, gutes Fachpersonal zu finden. «Es ist uns ein Anliegen, dass unsere Angestellten eine gute Anschlusslösung finden. Dank der grossen Solidarität in der Branche haben wir für zwei der drei Lernenden einen neuen Lehrplatz gefunden und wir sind zuversichtlich, dass auch die dritte Lernende eine Stelle finden wird. Der Kundschaft sprechen wir unseren Dank für ihre Treue aus», sagt Marlis Müller. Vom 1. bis zum 24. Juli findet ein Ausverkauf statt. Gutscheine können bis zum letzten Öffnungstag noch eingelöst werden. 

Offen für Neues

In der Aufgabe des Geschäfts sehen die Verantwortlichen aber auch eine Chance, dass am Standort etwas Neues entstehen kann. Das Ladenlokal mit einer Fläche von rund 400 Quadratmetern und den ebenso grossen Kellerräumlichkeiten ist zur Vermietung ausgeschrieben. 

Hannelore Bruderer