Freitag, 17. Mai 2019

Sulgen. Über 150 Personen besuchten das Podium der FDP Aach-ThurLand zur Trinkwasser-Initiative. Eines wurde klar: Sauberes Trinkwasser wollen alle. Darüber, wie es erhalten bleibt, driften die Ansichten jedoch weit auseinander.

Gläser und Karaffen voller Hahnenwasser standen auf den Tischen für das Publikum – und dies mit gutem Grund. Denn am Podium, das die FDP AachThurLand letzte Woche im Auholzsaal organisiert hatte, wurde über die Initiative für sauberes Trinkwasser diskutiert, die im nächsten Jahr zur Abstimmung kommt. Die Initiative verlangt, dass nur noch diejenigen Landwirtschaftsbetriebe mit Direktzahlungen oder Subventionen unterstützt werden, die keine Pestizide ­einsetzen, die in ihrer Tierhaltung ohne prophylaktischen Antibiotikaeinsatz aus­kommen und die nur so viele Tiere halten, wie sie ohne Futtermittelimporte ernähren können. Auf der Pro-Seite standen Franziska Herren, die mit ihrem Verein «Sauberes Wasser für alle» die Initiative lanciert hatte, und Roland Lenz, Biowinzer aus Uesslingen. Die Kontra-Seite vertraten Bruno Pezzatti, Nationalrat und Vorstandsmitglied Schweizer Obstverband, sowie Daniel Vetterli, Kantonsrat, Präsident Thurgauer Milchbauern und Vorstandsmitglied des Verbands Thurgauer Landwirtschaft. Geleitet wurde das Podium von Nationalrat Hansjörg Brunner, dem Präsidenten des Thurgauer Gewerbeverbands. 

Chance oder Gefahr? 

Zu Beginn der Veranstaltung stellte Franziska Herren die Initiative vor, unterlegt mit viel Zahlenmaterial. Bereits heute produziere die Schweizer Landwirtschaft fast doppelt so viel als in den Zielen des Landes vorgegeben sei. «Was durch die intensive Bewirtschaftung heute auf die Böden kommt, ist in rund 20 Jahren im Grundwasser», warnte sie. «Unsere Grundwasservorkommen sind durch die aktuelle Gesetzgebung gut geschützt», sagte Daniel Vetterli. «Es gibt ein Problem beim Oberflächenwasser. Das ist aber erkannt worden und in dieser Richtung läuft bereits vieles.» Die ­Initiative sei unnötig. Anstelle von Pestiziden setzt Biowinzer Roland Lenz auf robuste Sorten. Er betrachtet die Initiative als Chance. «Mit dieser Initiative gewinnen die Steuerzahler, die Konsumenten und nicht zuletzt die Landwirte, die durch den Verzicht auf Pestizide auch die Gesundheit der Personen schonen, die auf ihrem Hof arbeiten. «Vielleicht funktioniert der reine Bio-Anbau bei der Weinproduktion, beim Obst sieht das anders aus», konterte Bruno Pezzatti. Beim Obstbau habe man in den letzten Jahren unter anderem durch die Einführung der Integrierten Produktion grosse Fortschritte gemacht. Pflanzenschutzmittel würden kontrolliert und gezielt eingesetzt. Einschränkungen, wie sie die Initiative fordere, würden der Landwirtschaft einen grossen Schaden zufügen, ist Pezzatti überzeugt. Dass die Initiative einseitig auf die Landwirtschaft ziele, den Konsumenten nicht in die Pflicht nehme und zu radikal sei, wurde nicht nur von den Initiativgegnern bemängelt. Dieser Aussage schlossen sich auch viele Landwirte und der Landwirtschaft nahestehende Personen im Publikum an. 

Viele Voten 

Dass es Franziska Herren mit ihrem Anliegen im ländlich geprägten Raum nicht einfach haben würde, wurde spätestens nach der Ausweitung der Diskussion auf das Publikum klar. Die Befürchtung ist gross, dass eine Annahme der Initiative das Ende für viele Landwirtschaftsbetriebe bedeuten würde und dann noch mehr Landwirtschaftsprodukte aus dem Ausland importiert werden müssten. Es wurde auch auf eine kürzlich ausgestrahlte Sendung des Kassensturzes Bezug genommen, in der auf die meist unfachmännische Anwendung von Pestiziden in Privatgärten hingewiesen wurde. Es sei nicht möglich gewesen, alle Punkte in die Initiative zu packen, sagte die Initiantin. «Es steht dem Bauernverband frei, eine Motion einzureichen und Privatpersonen, eine Initiative zu lancieren. Ergänzen die unsere Initiative, würden wir das begrüssen.» 

Nachhaltig handeln

Zum Abschluss fragte Hanjörg Brunner die Podiumsteilnehmer: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir einmal kein sauberes Wasser mehr haben. Was tragt ihr persönlich zum Erhalt unseres Trinkwassers bei?» Bruno Pezzatti sagte, er achte darauf, dass es auf seinem Betrieb zu keinen Verschmutzungen komme und dass Pflanzenschutzmittel schonungsvoll eingesetzt würden. Mit der Natur respektvoll umgehen und den Wasserverbrauch reduzieren, ist die Devise von Daniel Vetterli. Zwar nicht mit den gleichen Worten, aber im gleichen Sinne, beantwortete Roland Lenz diese Frage. Sie sei ein Bio-Kind, sagte Franziska Herren. «Ich achte bei Lebensmitteln, Kosmetika und in anderen Bereichen darauf, dass ich nachhaltig produzierte Artikel verwende. Ich esse auch kein Fleisch, dessen Produktion besonders wasserintensiv ist.» 

Hannelore Bruderer 

Ablehnung ohne Gegenvorschlag

Im Dezember beantragte der Bundesrat dem Parlament, die Trinkwasser­initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Dies deshalb, weil mit der­ ­Agrarpolitik ab 2022 eine Alternative vorliege, welche die Zielsetzung der Volksinitiative verfolge, ohne die Produktion übermässig einzuschränken. Eine Annahme der Volksinitiative hätte nach Ansicht des Bundesrates weitreichende und schädliche Folgen für die Schweizer Landwirtschaft. Es bestünde unter anderem das Risiko, dass Betriebe aus dem Direktzahlungssystem aussteigen würden und dadurch die Anforderungen des ökologischen Leistungsnachweises nicht mehr berücksichtigen müssten. Dies könnte zur Folge haben, dass die Umweltbelastung nicht wie angestrebt zurückgehen, sondern sogar noch zunehmen würde. (hab)