Freitag, 5. November 2021

Weinfelden. «Wegschauen geht gar nicht», haben sich vier Frauen aus dem Thurgau gesagt und das Hilfswerk «for children smile» gegründet. Projektbezogen helfen sie notleidenden Kindern. 

Naturkatastophen, Kriege und Armut treffen Kinder besonder hart. Statt zu spielen und für ihr Erwachsenenleben zu lernen, werden sie ihrer Kindheit beraubt. Ein Zustand, der den Müttern Emine Tas, Hasret Tas, Dzemile Fetaji und Kerstin Steuble zu denken gab. Was in privatem Rahmen mit Spendensammeln für Hilfswerke begann, mündete 2019 in die Gründung des Vereins «for children smile» mit Sitz in Weinfelden. Vereinspräsidentin ist Emine Tas, die in Bürglen aufgewachsen ist. «Unsere Hilfe erhalten alle Kinder, die diese benötigen, unabhängig von Religion, Geschlecht oder Ethnie», sagt sie. «Wir planen und führen einzelne Projekte aus. Das Schwergewicht liegt auf Bildung, wir leisten aber auch Unterstützung in den Bereichen Unterkünfte, Gesundheit und Ernährung.» Ihr erstes Projekt, das sie vor drei Jahren realisierten, war der Aufbau einer Schule im syrischen Idlip. 

Gut vernetzt

Um zu wissen, wo und wie ihre Hilfe erfolgen soll, reisen die vier Frauen ans Ort des Geschehens – auch in Krisengebiete. Möglich ist dies nur, weil der junge Verein mit Hilfsorganisationen zusammenarbeitet, die dort bereits tätig sind. Über diese erhalten sie die nötigen Bewilligungen und örtliche Kontakte für ihre humanitären Einsätze. «Es ist ein längerer Prozess, bis die Verträge mit Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz oder dem Roten Halbmond ausgearbeitet sind», erklärt Hasret Tas, die im Verein für Administration und Projektkoordination zuständig ist. «Unser Verein und unsere Projekte werden dabei genau unter die Lupe genommen. Die Verträge geben nicht nur uns Sicherheit, sondern sind auch ein wichtiger Faktor für unsere Spender.» Ihre Reisen sind in der Regel kurze Wochenendtrips, denn für mehr bleibt den berufstätigen Familienfrauen kaum Zeit. Entsprechend gut organisieren sie sich im Vorfeld, damit sie vor Ort alles effizient erledigen können. Vorbereitungsgespräche führen sie oft spätabends über Skype. «Mit den Kopfhörern im Ohr lassen sich nebenbei auch noch die letzten Hausarbeiten erledigen», lacht die Vereinspräsidentin. «Wir sind überzeugt, dass wir etwas bewirken können, daraus schöpfen wir unsere Energie.» Dzemile Fetaji koordiniert ebenfalls Projekte. Spricht sie von den Begegnungen, die sie an den Orten des Wirkens hat, steigen ihr schnell Tränen in die Augen. Sie wisse, dass sie nah am Wasser gebaut sei, sagt sie fast entschuldigend. «Wenn mir eine Mutter, die in der Kälte in einem Zelt leben muss, sagt, ihr grösster Wunsch sei es, einmal in einem Spital zu gebären, und ich daran denke, in welchem Luxus wir leben, dann macht mich das einfach traurig.» Kerstin Steuble ist die Vierte im Team, die bei den Projekten mitarbeitet. 

Gegenseitiges Vertrauen

Im vierköpfigen Team sind ganz unterschiedliche Charakteren vertreten. Von der Begeisterungsfähigen, die viele Ideen hat und am liebsten sofort loslegen möchte, bis zur Besonnenen, die sich gewissenhaft um alle Details kümmert.  Die Vereinspräsidentin umschreibt es so: «Wir sind verschiedene Typen, die sich gut ergänzen. Jede von uns bringt ihre Stärken ein und wir können uns aufeinander verlassen.» 

Unterkunft und Schule

Ihre Organisation halten sie schlank. Ihre Ausgaben bezahlen sie aus der eigenen Tasche, auf jegliche Entlöhnung verzichten sie. Die Spenden, die sie vorwiegend über ihre Social-Media-Kanäle sammeln, kommen vollumfänglich ihren Projekten zugute. Ein laufendes Projekt, das «for children smile» unterstützt, ist der Bau von Briketthäusern in der syrischen Provinz Idlip. In Planung ist ein Schulprojekt in Kirgisistan. Waisenkinder sollen dort die Möglichkeit erhalten, ein Jahr lang einen ­Unterricht zu besuchen, der es ihnen ermöglicht, danach in eine Regelschule einzutreten. Für das Projekt müssen Lehrperson, Unterrichtsmaterial, Schreib­uten­si­lien, aber auch eine Verpflegungsmöglichkeit am Mittag organisiert werden.  

Hilfsfaktor Freude

Beim Erarbeiten der Projekte ist das Team kreativ und beschreitet mitunter unkonventionelle Wege. Für einen Wochenendeinsatz in einem Waisenheim wurden sie von einer Coiffeuse begleitet, die den Kindern die Haare schnitt und sie hübsch frisierte. Danach gab es eine Kinderparty, bei der viele erstmals ein Glace schlecken durften. So schenkten sie den Kindern Aufmerksamkeit und Würde. «Bei unseren Partnern vor Ort löste dieser Einsatz erst eine leichte Irritation und Verwunderung aus. Danach fanden auch sie es eine gute Idee und bedankten sich für den Anstoss in Richtung Körperpflege, der künftig mehr Gewicht beigemessen werden soll», sagt Emine Tas. 

Hannelore Bruderer

Kleidersammlung

Der Verein «for children smile» führt morgen Samstag von 12 bis 16 Uhr erstmals eine Kleidersammlung durch. Sie findet in der Aula des Schulhauses Elisabetha Hess in Weinfelden statt. Abgegeben werden können Kleidungsstücke und Schuhe für Frauen, Männer, Kinder und Babys. Diese müssen gewaschen und in einwandfreiem Zustand sein. Defekte Stücke werden nicht angenommen. (hab)