Donnerstag, 28. März 2024

Erlen. Die Zustände im Gemeindehaus Erlen erweisen sich je länger, je mehr als unhaltbar. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Der Gemeinderat hat beschlossen, die Bevölkerung an der Lösungssuche zu beteiligen. Der «Ideen-Dialog» von letzter Woche war ein erster Schritt.

Sanieren, sanieren und erweitern oder komplett neu bauen? Diese drei Möglichkeiten bieten sich, um die Mängel des vor 55 Jahren eingeweihten Gemeindehauses zu beheben. Angesichts des Alters erstaunt es nicht, dass der Zahn der Zeit am Haus genagt hat und die Platzverhältnisse aufgrund der stetigen Verbreiterung des Aufgabenspektrums und der daraus resultierenden Personalaufstockung immer prekärer geworden sind. Das Gebäude vermag heutigen Anforderungen in vielerlei Hinsicht nicht mehr zu genügen. Das Fehlen eines zentralen Kundenschalters und die veraltete Haustechnik sowie der nicht vorhandene Lift und die unvollständige Barrierefreiheit sind nur vier Punkte, die negativ ins Gewicht fallen. 

3. Generation

Der Gemeinderat gab deshalb bei der Buffoni Bühler AG eine Machbarkeits-studie in Auftrag, um Aufschluss darüber zu erhalten, wie und wo die Gemeindeverwaltung künftig untergebracht werden soll. Dieses Papier diente auch als Grundlage für den «Ideen-Dialog», zu dem der Gemeinderat die Bevölkerung in den Mehrzwecksaal der Schule eingeladen hatte. Gemäss Machbarkeitsstudie ist die Substanz des Gemeindehauses noch während 20 bis 30 Jahren nutzbar (sei es in Gestalt eines Umbaus oder einer Erweiterung), und das erforderliche Raumprogramm kann in der aktuellen Gebäudehülle weitgehend berücksichtigt werden. In Anbetracht der langen Vorgeschichte heisst das Projekt, das die künftige Unterbringung der Gemeindeverwaltung aufzeigen soll, sinnigerweise «Gemeindehaus – 3. Generation». Will heissen: Auf den Vater (Neubau 1969) und die Tochter (Erweiterung 1998) soll nun das Enkelkind folgen.

Eher kein Neubau

Das mit der Studie beauftragte Architekturbüro rät von einem Ersatzneubau (Kosten: 8,1 Millionen Franken) – nicht zuletzt aus finanziellen Gründen – ab und empfiehlt stattdessen, das bestehende Gemeindehaus zu sanieren und zu reorganisieren, teilweise umzunutzen und allenfalls zu erweitern. Dem Gemeinderat werden zwei Dispositionen vorgeschlagen: Die eine beinhaltet einen Multifunktionsraum, neu gestaltete Aussenparkplätze und eine Tiefgarage (Kosten: 6,3 Millionen Franken), die andere verzichtet auf den Multifunktionsraum und damit auch auf die teure Tiefgarage und setzt dafür auf den Erhalt des Bestehenden sowie auf die Umnutzung und Sanierung der ehemaligen Postgarage (Kosten: 3,5 Millionen Franken).

Ideen sammeln

Rund 30 Personen leisten am 21. März der Einladung zum «Ideen-Dialog» Folge und befassen sich in einer Art Brainstorming in vier Arbeitsgruppen, geleitet von den Behördenmitgliedern Nicole ­Fischer, Martin Furter, Roger Näf und Tobias Ottiger, mit der Thematik. Moderator Roman Salzmann ermuntert die Anwesenden, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen: «Heute ist alles möglich!»Auch Gemeindepräsident Thomas Bosshard wendet sich an die Bürgerinnen und Bürger und begründet den unorthodoxen Ansatz bei der Lösungssuche: «Wir wollen hier einmal anders vorgehen. Sie sind heute gekommen, um mit dem Gemeinderat zusammen weitere Ideen und Bedürfnisse auszutauschen und gegebenenfalls ins Projekt einfliessen zu lassen.» Die auf Zetteln notierten Ideen werden auf Stellwänden präsentiert und von den Gruppenleitern im Plenum erläutert. Das Spektrum der Meinungen, Wünsche und Standpunkte ist breit und zeigt dem Gemeinderat, dass auf dem Weg ins Ziel ein langer Atem und Zugeständnisse vonnöten sein werden. In der Diskussion schlägt ein Votant vor, die Gemeindeverwaltung in den historischen Dorfkern zu verlegen, was seitens des Gemeinderates in Anbetracht der gesetzlichen Rahmenbedingungen aber als «kein praktischer Ansatz» taxiert wird. Ein anderer Bürger bezweifelt die Notwendigkeit eines Multifunktionsraums und schlägt ein Buchungssystem für die Nutzung bestehender Lokalitäten vor. Unbestritten ist die Forderung nach einem zeitgemässen Gemeindehaus. Kritisch hinterfragt wird, ob dazu auch ein Treffpunkt für die Bevölkerung, etwa in Form eines Cafés, gehören soll. Ebenfalls zur Sprache kommt die Notwendigkeit, auch künftig Flüchtlinge unterbringen zu müssen, was weitere Kosten verursachen werde. Man solle sich gut überlegen, was auf die Steuerzahler in den nächsten Jahren zukommen wird. «Wir müssen die Kosten im Auge behalten», mahnt ein Veranstaltungsteilnehmer.

Kompromisse eingehen

Aus dem «Ideen-Dialog» wird im Laufe des Abends eine «Ideen-Börse». Auf einer Tafel fasst Salzmann zusammen, was den Anwesenden wichtig ist. Gewünscht werden unter anderem eine gleichermassen kostenbewusste wie ökologisch verträgliche Lösung, die Konzentration auf Tätigkeiten des Gemeindepersonals, die Schaffung attraktiver Arbeitsplätze und die Möglichkeit eines flexiblen Ausbaus. Einen hohen Stellenwert haben finanzielle und energetische Aspekte, während man bezüglich des Multifunktionsraumes geteilter Meinung ist. Was den Standort anbelangt, dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Der Moderator kommt zum Schluss, dass es weder auf eine minimalistische noch auf eine Maximallösung hinauslaufe. Der Gemeindepräsident gibt zu bedenken, dass sehr viele Aspekte berücksichtigt werden müssten, weshalb die Lösung wohl in einem Kompromiss bestehen werde. Auf die hohen Investitionen in den nächsten Jahren hinweisend, warnt Bosshard davor, unbedacht Geld einzusetzen und nachfolgende Generationen dafür geradestehen zu lassen. Der Zeitplan sieht vor, im November 2024 einen Planungs- und Evaluationskredit für die entsprechenden Varianten und im darauffolgenden Jahr den Baukredit zu beantragen. In beiden Fällen hat die Gemeindeversammlung darüber zu befinden. Vorausgesetzt, das Projekt meistert diese Hürden, steht Mitte 2026 dem Beginn der einjährigen Bauphase nichts im Wege.

Georg Stelzner